Hubschrauberspritzung

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Der Hubschrauber nimmt eine Sonderstellung bei den im Rebschutz eingesetzten Verfahrenstechniken ein. Nach § 18 Pflanzenschutzgesetz ist die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen nur in Ausnahmefällen und mit besonderer Genehmigung erlaubt:

„Eine Genehmigung soll nur erteilt werden zur Bekämpfung von Schadorganismen

  1. im Weinbau in Steillagen,
  2. im Kronenbereich von Wäldern.“
Es dürfen nur Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für diese Anwendung zugelassen bzw. genehmigt worden sind.

Da die Hubschrauberspritzung einzelner Parzellen die Ausnahme und eine Spritzung größerer überbetrieblicher Flächen (mindestens 1 ha) die Regel sein sollte, ist es zunächst erforderlich, ein Gremium zu konstituieren, das die Spritzung organisiert (Ausflaggung des Gebiets, Festlegung der Anwendungszeitpunkte, Mittelauswahl, Heranschaffung von Wasser, Abrechung etc.) und die Interessen der im Hubschraubergelände vertretenen Winzer gegenüber dem Flugunternehmen, Behörden etc. vertritt.

Die Sachkunde, Einsatzbereitschaft und das Verantwortungsbewusstsein dieses Gremiums („Hubschrauberausschuss“) ist von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche und komplikationslose Durchführung der Hubschrauberspritzung. Letzteres ist von besonderer Bedeutung, da der Hubschraubereinsatz im kritischen Blickfeld der Öffentlichkeit liegt.

Der Einsatz ist nur in der Zeit zwischen der zweiten „Rote-Brenner-Spritzung“ und je nach dem Triebwuchs der ersten bzw. der zweiten Nachblütespritzung zu empfehlen. Austriebsbehandlungen können nicht durchgeführt werden, da sie eine gute Benetzung erfordern. Spritzungen nach der zweiten Nachblütespritzung sind ebenfalls nicht sinnvoll, da die Anlagerung der Spritztröpfchen in der Traubenzone wegen der dichten und hohen Laubwand zu diesem Zeitpunkt unbefriedigend ist. Zum Schutz der Trauben muss der Winzer eine bzw. zwei Nachbehandlungen vom Boden aus durchführen, da insbesondere eine Botrytis-Bekämpfung mit dem Hubschrauber nicht sinnvoll ist.

Beim Einsatz sind verschiedene Vorsichtsmaßnahmen zu beachten:

  • Start- und Landeerlaubnis durch die Luftfahrtbehörde
  • Absprache der Spritzpläne mit der weinbaulichen Beratungsstelle
  • Akarizide und Insektizide dürfen vom Hubschrauber nicht ausgebracht werden.
  • Mögliche Pilzinfektionsherde können mit diesem Applikationsverfahren nicht gestoppt werden; hier sind Sonderspritzungen vom Boden aus angezeigt.
  • Zu gefährdeten Objekten (z. B. Wohngebiet, Gartengebiet) muss zur Vermeidung von Abdrift ein ausreichender Sicherheitsabstand, mindestens 50 m, eingehalten werden. Bei einer Windgeschwindigkeit von über 5 m/sec und Temperaturen über 25°C ist der Hubschraubereinsatz einzustellen.
  • Durch Absperrmaßnahmen ist sicherzustellen, dass weder Kraftfahrzeuge noch Fußgänger in den Bereich des Spritznebels gelangen. Die Bevölkerung ist rechtzeitig vor dem Hubschraubereinsatz zu informieren.

Der Hubschraubereinsatz hat im Steillagengebiet jedoch auch eine Reihe von Vorteilen:

  • Bekämpfung großer Flächen in kurzer Zeit möglich
  • gute Kontrolle über Art und Menge der ausgebrachten Mittel
  • Kontrolle des Spritzzeitpunktes (Buchführungspflicht!)
  • Vermeidung von Brühe- und Präparatresten
  • neue Erkenntnisse finden schnellen Eingang in die Praxis.
  • Arbeitsentlastung speziell in der Phase der höchsten Arbeitsbelastung der Betriebe

Die Pflanzenschutzmittel werden in der Regel mit 150 l Wasser je ha ausgebracht. Um die Abdrift so gering wie möglich zu halten, sind auch beim Hubschrauber abdriftarme Düsen (z.B. AirMix) einzusetzen.

Die gemeinschaftliche Hubschrauberspritzung entbindet den einzelnen Winzer nicht von der Verantwortung für seinen Weinberg. Er hat seine Weinberge weiterhin auf Krankheits- oder Schädlingsbefall zu kontrollieren, um diesen gegebenenfalls dem Spritzausschuss mitzuteilen. Die Verantwortung für die weitgehende Befallsfreiheit seiner Weinberge trägt er selbst und nicht der Spritzausschuss. Der Sinn der Hubschrauberspritzung liegt in der Entlastung der Winzer während der Hauptarbeitsspitze. Sie ist kein vollständiger und vollwertiger Ersatz für vom Boden durchgeführte Bekämpfungsmaßnahmen. Daher sollte jeder Winzer dafür Sorge tragen, dass für den Fall, dass eine Hubschrauberspritzung nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, auch eine Applikation vom Boden erfolgen kann.

Einzelnachweise


Literaturverzeichnis

B. Altmayer, J. Eichhorn, B. Fader, A. Kortekamp, R. Ipach, U. Ipach, H.-P. Lipps, K.-J. Schirra, B. Ziegler (2013): Sachkunde im Pflanzenschutz (Weinbau). 8. überarbeitete Auflage. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin. Neustadt an der Weinstraße.