Entwicklung und Wandel der Rebsorten

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In den letzten 30 Jahren haben sich die Anbauanteile der verschiedenen Rebsorten entscheidend gewandelt. Rebsorten, die in den 1950/60er Jahren eine größere Bedeutung hatten wie z.B. Silvaner, verschwinden zusehends aus den deutschen Weinbergen.


Bewertung der Anbauflächen

Bei der Bewertung der Anbauflächen und ihrer Entwicklung muss beachtet werden, dass das Durchschnittsalter der Weinberge bei den in Ausdehnung begriffenen Rebsorten sehr niedrig ist. Auch bei Rückgang der neu gepflanzten Flächen bleibt ihr Anteil lang stabil (z. B. 'Kerner'). Bei im Anbau stagnierenden, älteren Sorten sind die Weinberge häufig überaltert. Selbst ein zunehmender Anteil an den Neupflanzungen kann den weiteren Rückgang der Anbaufläche nicht verhindern.

Rebsortenentwicklung, 1954 - 1996

Rebsortenentwicklung in der Pfalz, 1954 - 1996
Rebsortenentwicklung in Deutschland, 1954 - 1996

Vor 1960 besaß der 'Silvaner' mit über 50 % der Rebfläche die größte Bedeutung. 1997 ist er auf unter 7 % bei noch abnehmender Tendenz gesunken. Der Anteil des 'Rieslings' nahm trotz Rebflächenausweitung von 13 % bis 1997 auf über 21 % zu. Er ist zur wichtigsten Rebsorte der Pfalz geworden. Im Gegensatz dazu erreichte der 'Müller-Thurgau' zwar bis 1970 von 7,5 % etwa ein Viertel der Rebfläche. 1997 waren es nur noch 20 % der Rebfläche, womit er vom 'Riesling' überrundet wurde.

Eine stetige Abnahme erfuhr in der Vergangenheit der 'Portugieser'. Von über 20 % fiel er bis 1980 auf etwa 8 %. 1997 ist sein Anteil wieder auf über 10 % gestiegen. Sein Anteil an den Pflanzungen seit 1988 ist wie bei 'Riesling' sensationell.

Mitte der 50er Jahre begann der Anbau des 'Morio-Muskat'. Nach 15 Jahren war mit 7% der höchste Anteil erreicht. Sein Anbauanteil an den Junganlagen lag 1997 unter 2%.

Ähnlich verläuft die Entwicklung bei der Scheurebe, nur um ein Jahrzehnt verzögert.

Nach 1970 war 'Kerner' gefragt. Mit 10 % der Fläche war sein Anteil 1997 relativ konstant.

Nach 1980 und verstärkt nach 1990 nahmen die Pflanzungen von 'Dornfelder' und 'Spätburgunder' zu. Mit jeweils knapp 3,6 % bzw. 3,2 % im Anbau im Jahr 1997 zeigen sie auch bei den Neuanlagen wie 'Portugieser' und 'Riesling' zunehmende Tendenz.


Weinmode

Die Anbauanteile der verschiedenen Rebsorten waren stets Änderungen unterworfen. Die bessere Sorte war der Feind der guten und noch mehr der schlechten Sorten. Das „besser" konnte sich auf den Anbauwert, hier besonders Ertrag, Reife, Gesundheit und Wüchsigkeit beziehen, ebenso aber auch auf die Nachfrage nach dem Wein. Eine Mode, die sich seit der Antike bis zur Gegenwart änderte.

Erinnert sei bei der Weinmode an die Nachkriegsentwicklung: Nach 1945 wurde jeder Wein getrunken, von der noch wenig entwickelten Kellertechnik her, trocken.

Nach 1950 blieb fast 20 Jahre lang die Sorte 'Morio-Muskat' interessant. Preiswert, mild und aromatisch war gefragt.

Mit der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung nach 1960 konnte man sich Spät- und Auslesen leisten. Reife, edelsüße Weine von Neuzuchten waren in Mode.

Das Jahr 1971 mit den am Mostgewicht orientierten Qualitätsgrenzen brachte die Wende. Alte Rebsorten, trocken oder halbtrocken ausgebaut, sind bis heute "in".

Seit etwa 1980 ist zunehmend Weißherbst und Rotwein gefragt, nachdem der Anbau sich gegenüber 1960 halbiert hatte.

Nach 1990 ist der Dornfelder zum Renner geworden.

Bassermann-Jordan beschrieb 1937 den Wandel des Weingeschmacks. Nach den dort festgestellten Perioden von etwa 100 Jahren mehr für junge oder alte Weine müssten um das Jahr 2000 nur noch alte Weine gefragt sein.

Es wäre erfreulich, wenn die alten Weine mehr gewürdigt würden. Bei den Sorten und dem Weingeschmack sind wir bereits zur Tradition zurückgekehrt. Nur der Jahrgang muss häufig der jüngste sein.
Bei Berücksichtigung der langen Standdauer der Weinberge um 20 Jahre und dem Wechsel der Mode in zehn Jahren ist verständlich, dass der Sortenspiegel nicht auf dem gerade gewünschten Stand sein kann und eigentlich weniger gefragte Sorten neben sehr gefragten und vielleicht in Zukunft gefragten im Sortiment stehen müssen. Trotzdem ist der Sortenspiegel bei Betrachtung der Hauptsorten gut überschaubar.

Quelle

  • Adams, Jakob, Schumann (1997): Weinkompendium. Verein der Absolventen der Staatlichen Lehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau. Neustadt an der Weinstraße. 
  • Ambrosi, Dettweiler, Rühl, Schmid, Schumann (1994): Farbatlas Rebsorten. 300 Sorten und ihre Weine.. Ulmer. Stuttgart. ISBN 3-8001- 5718-7
  • Clarke, Oz (1992): Weine aus aller Welt. Müller-Rüschlikon-Verlag. Stuttgart. ISBN 3-275-01040-9
  • Hillebrand, Lott, Pfaff (1997): Taschenbuch der Rebsorten. Fachverlag Dr. Fraund. Mainz. ISBN 3-921156-27-0
  • Hillebrand, Lott, Pfaff (1989): Traube und Wein Deutschlands Rebsorten und Weine. Fachverlag Dr. Fraund. Mainz. ISBN 3-921156-04-1
  • Johnson, Hugh (1995): Atlas der deutschen Weine. Hallwag. Stuttgart. ISBN 3-444-10445-6
  • Robinson, Jancis (1987): Reben - Trauben - Weine. Ein Führer durch die Rebsorten der Welt.. Hallwag. Stuttgart. ISBN 3-444-10333-6