Benutzer:Wipfler/Gärstörungen

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Stockende Gärungen können neben technologischen Problemen auch die Bildung unerwünschter Nebenprodukte und die Entwicklung von Bakterien begünstigen. Eine durchschnittliche alkoholische Gärung dauert abhängig von Temperatur und verwendetem Hefestamm zwischen sieben und zehn Tagen. Im Falle einer Gärstörung kann sich die Gärdauer auf mehrere Monate erhöhen. In solchen Fällen müssen besondere Maßnahmen zum Oxidationsschutz getroffen werden, da die reduzierende Wirkung der Hefe nicht im vollen Umfang vorhanden ist.

Verlauf einer Gärstörung

Gärstörung in einem Chardonnay-Versuch Jahrgang 2008

In der Abbildung rechts ist beispielhaft an einer Versuchsreihe aus dem Jahrgang 2008 eine typische Gärstörung dargestellt.

In Ergänzung dazu sind in nachfolgender Tabelle einige Versuche gezeigt, die durch Gärstörungen aufgefallen sind. Interessanterweise sind bei der Rebsorte Chardonnay häufiger Probleme zu beobachten gewesen. Daher sind in der Tabelle immer Versuchspaare gezeigt, die exakt gleich behandelt wurden.

Vergleich von durchschnittlicher Gärdauer und mittleren Restzucker ausgewählter Versuchsweine
  Chardonnay Weißburgunder Chardonnay Weißburgunder
2008 2009
Gärdauer 70 Tage 14 Tage 120 Tage 7 Tage
Restzucker 20 g/L 5 g/L 20 g/L 2 g/L

Gründe für Gärstörungen

Die Fermentationsleistung in Bezug auf maximale Ethanolausbeute ist weniger abhängig von der Alkoholtoleranz des Hefestamms, sondern vielmehr von der Zusammensetzung des Mediums. Verschiedene Stoffe fördern die Produktivität der Hefe: ungesättigte Fettsäuren und Sterole, Proteine, Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Die Metallionen sind an enzymatischen Reaktionen beteiligt und helfen bei der Abschirmung der negativen Ladungen der Phospholipide in der Cytoplasmamembran. Ungünstige Umgebungsbedingungen im Most können das Wachstum der Hefe nur kurzfristig beschränken oder unmittelbar zum Zelltod führen. Die damit einhergehende Reduzierung der Biomasse kann zu einer langsameren Zuckeraufnahme und letztlich zu einer Gärstörung führen. Das kann unter Umständen auch der Fall sein, obwohl die Lebendzellzahl unverändert bleibt.

Der Zuckerstoffwechsel ist direkt mit der Aufnahmekapazität von Glucose und Fructose in die Zelle verbunden, unabhängig von den weiteren intrazellulären Glycolyseschritten oder der Enzymaktivität. Die Transportprozesse werden prinzipiell so reguliert, dass die Zuckermenge die Stoffwechselanforderungen erfüllt, aber nie übersteigt. Die Membranfluidität ist ein kritischer Faktor, wenn es um den Erhalt der Gärgeschwindigkeit geht. Einige Hexosetransporter in der Membran arbeiten auch unter Anwesenheit von Ethanol weiter, andere nicht, wobei bei sehr ungünstigen Umweltbedingungen die Zahl der Transporter insgesamt zurückgeht. Der wahrscheinlichste Grund dafür ist eine Überlebensstrategie der Zelle, um die Aufnahme von potentiell toxischen Zuckerkonzentrationen zu verhindern. Der Rückgang der Transporteraktivität konnte im Labor mit dem Eintreten einer Gärstörung korreliert werden. Saccharomyces cerevisiae ist unter Laborbedingungen sehr gut charakterisiert. Leider sind Studien in realen Mosten und unter Weinbedingungen sehr viel seltener und können nicht nur Laborversuche imitiert werden.

Mögliche Gründe für Gärstörungen aus der Literatur
Einflussgröße Faktor Substanzen
Physikalisch

starke Mostvorklärung
extreme pH-Werte
starke Temperaturschwankungen

 
Chemisch Nährstoffmangel
Sauerstoffmangel  
Substrathemmung, osmotischer Druck Zucker
Toxine
Biologisch Mikrobielle Unverträglichkeit

Fehlerhafte Rehydrierung
spezifische Stammeigenschaften

 

Gärschwierigkeiten entwickeln sich meist aus einer Kombination mehrerer Faktoren. Diese Kombination kann sich kumulativ deutlich hemmender auswirken als die einzelnen Bedingungen. Einige Stressfaktoren lassen sich bei der Weinbereitung nicht vermeiden, andere sind ein Resultat unangemessener oenologischer Entscheidungen. Gründe für Gärstörungen können sein: extrem hohe Zuckerkonzentrationen, Unterversorgung mit Vitaminen oder Aminosäuren, hefehemmende Faktoren im Most z.B. von Schimmelpilzen, anaerobe Bedingungen, hohe Gärtemperaturen und der Klärgrad des Mostes.

Der Nährstoffbedarf von Mikroorganismen muss unterschieden werden zwischen solchen Substanzen, die für die Vermehrung gebraucht werden und denen, die beim Überleben während der stationären Phase helfen. Bei der ersten Gruppe spielen vor allem Stickstoff und Phosphat (für die ATP-Synthese) eine wichtige Rolle. Aber auch ein Mangel an Vitaminen, Mineralstoffen und Sauerstoff kann zu einer Gärstörung durch unzureichende Vermehrung führen. Zur zweiten Gruppe gehören Aminosäuren für die Synthese von Proteinen und Stoffe, die die toxische Wirkung von Ethanol minimieren wie zum Beispiel Trehalose, Prolin und Glycin.

Im Folgenden sollen einige Einflussfaktoren diskutiert werden, die den Hefestoffwechsel direkt oder indirekt beeinflussen und somit zu Gärstörungen beitragen können.

Einflussfaktoren

Gesättigte Fettsäuren

Neben hohen Alkoholgehalten hemmen Fettsäuren und deren Ester den Hefestoffwechsel, obwohl diese Stoffe selbst überwiegend aus dem Hefestoffwechsel selbst stammen. Besonders die toxischen Hexan-, Octan- und Decansäure werden häufiger für Gärstörungen verantwortlich gemacht. Sie sind wahrscheinlich Intermediärprodukte aus der Synthese langkettiger Fettsäuren. Die gebildete Menge ist stark vom Hefestamm, der Medienzusammensetzung und den Gärbedingungen wie Temperatur, pH-Wert und Sauerstoffzufuhr abhängig. Sauerstoff beeinflusst die Bildung von kurz- und mittelkettigen Fettsäuren negativ, so dass diese Stoffe vor allem bei Sauerstoffmangel freigesetzt werden. Eine ausreichende Belüftung der Hefe ist folglich entscheidend für den Gärungserfolg. Die Wachstumsrate von Saccharomyces sinkt als exponentielle Funktion der Konzentration an Fettsäuren. Auf ihre Molarität normiert ergibt sich eine Rangfolge der Toxizität durch Decansäure > Octansäure >> Ethanol. Die inhibierende Wirksamkeit der Fettsäuren auf den Hefestoffwechsel wird durch Ethanol verstärkt.

Die Toxizität der Fettsäuren beruht wahrscheinlich auf ihren spezifischen Eigenschaften unter Weinbedingungen. Membranen von Hefezellen sind durchlässig für undissoziierte schwache Säuren, deren dissoziierte Formen können dagegen nicht passieren. Wenn die undissoziierte Form die Membran passiert hat, wird sie durch den hohen intrazellulären pH-Wert dissoziiert und senkt den pH-Wert ab. Die Hemmung von Enzymen der Glycolyse und ATPase sind die direkte Konsequenz. Bei geringen Ethanolgehalten verbunden mit niedrigen pH-Werten sind die Fettsäuren nicht gelöst und daher nicht toxisch. Die Fettsäuregehalte sinken bei einer oxidativen Lagerung des Weines ab, obwohl es generell als gesichert angesehen wird, dass die Gehalte bei der Lagerung von alkoholischen Getränken ansteigen.

Stickstoff

Gärstörungen sind häufig auf Stickstoffdefizite zurück zu führen. Mindestens 140 mg/L hefeverwertbarer Stickstoff werden für eine erfolgreiche Gärung benötigt, für eine maximale Gärrate sogar 800-900 mg/L. Stammunterschiede zwischen Hefen bezüglich Nährstoffansprüchen und Zuckerstoffwechsel kommen besonders im letzten Teil der Gärung und unter Stressbedingungen zum tragen. Saccharomyces-Hefen sind in der Lage, alle für ihren Stoffwechsel benötigten Stickstoffverbindungen aus Ammonium und einer Kohlenstoffquelle zu synthetisieren. Freie α-Aminosäuren und Ammonium werden also rasch aus dem Medium aufgenommen. Peptide und Proteine können ebenfalls konsumiert werden um Aminosäuren zu generieren. Stickstoffverbindungen werden benötigt um Struktur- und Funktionsproteine zu bilden, also Zellmasse aufzubauen und Enzyme zu synthetisieren. Die Ursache für Gärstörungen durch Stickstoffmangel könnte also an einem Mangel an Zuckertransportproteinen liegen. In dem Fall würde eine nachträgliche Ammoniumzugabe das Problem nicht beheben, da die Aufnahme und Umsetzung bei erhöhtem Alkoholgehalt erschwert ist. Daraus ergibt sich die Begründung warum eine DAP-Gabe im letzten Gärdrittel nichts mehr bringt. Aminosäuren werden von der Zelle aber auch zur Aufrechterhaltung des Redoxpotentials in der Zelle benötigt. Das gilt besonders unter Abwesenheit von Sauerstoff.

Mineralstoffe

Die Verlangsamung der Gärgeschwindigkeit in der stationären Phase ist nur teilweise durch Nährstoffmangel oder Ethanol verursacht, einen großen Einfluss hat auch die Verknappung des Magnesiums. Hefezellen akkumulieren Magnesium aus dem Medium, so dass dieses Element den größten Anteil der Kationen in der Zelle ausmacht. Magnesium spielt eine Rolle bei der Zellteilung, beim Zellstoffwechsel insbesondere der Glykolyse und alkoholischen Gärung. Für Bakterien wurde ein Hitzschutzeffekt von Calcium nachgewiesen, was ebenfalls mit einer erhöhten Membranstabilität zu tun haben könnte. Diese Verbesserung der „Abwehrkräfte“ könnte auch zur besseren Ethanoltoleranz beitragen. Die Zugabe von veraschtem Hefeextrakt ist für die Steigerung der Hefeaktivität genauso effektiv wie frischer Hefeextrakt. Das legt den Schluss nahe, dass die Mineralstoffe in diesen Präparaten den größten Einfluss haben. Die einzelne Zugabe von Kalium, Natrium, Calcium, verschiedener Anionen, sowie einem Mix von Spurenelementen förderte das Wachstum in einem Projekt von Dombek et al. (1986) nicht signifikant. Nur der Zusatz von Magnesium konnte diesen Effekt erzielen. Die Lebendzellzahl war in einer Studie von Nabais et al. (1988)[1] bei guter Calciumversorgung signifikant höher und der Endvergärungsgrad sowie die Alkoholausbeute besser. Das legt den Schluss nahe, dass Calcium nicht nur den Stoffwechsel unterstützt, sondern auch die Ethanoltoleranz verbessert.

Funktion ausgewählter Mineralstoffe im Hefestoffwechsel
Kation Defizit Überschuss
Magnesium hemmt Zellwachstum und Ethanolproduktion hemmt Mangan-Aufnahme
Kalium pH-Wert wirkt stärker hemmend Hemmung durch pH-Anhebung
Zink Zellzyklusarrest in stationärer Phase - - -
Mangan eingeschränkte Enzymfunktion hemmt Magnesium-Aufnahme
Calcium verminderte Ethanol-Toleranz erhöhte Ethanol-Toleranz
Kupfer Funktionsstörung der Alkoholdehydrogenase zerstört Integrität der Membran
Eisen - - - hemmt das Hefewachstum

Magnesium

Eine Menge von 0,5 mM Magnesiumsulfat war in den Versuchen von Dombek et al. (1986) genügend für eine ausreichende Magnesiumversorgung. Eine Zugabe von Magnesium verlängerte die exponentielle Wachstumsphase und sorgte für 53 % mehr Biomasse im Vergleich zur Kontrolle. Außerdem wurde die Umsetzung von Glucose in Ethanol beschleunigt und gesteigert. Die Gärgeschwindigkeit blieb in diesen Versuchen in Anwesenheit von Magnesium gleich hoch, auch als der Ethanolgehalt anstieg, während die Kontrollvarianten den Zucker langsamer verarbeiteten. Die Schlussfolgerung ist nicht bewiesen aber schlüssig, dass Magnesium die Widerstandsfähigkeit älterer Hefezellen gegen Ethanol erhöht. Es ist möglich, dass die Funktion von Komplexnährstoffen auch auf der Verbesserung der Mineralstoffversorgung beruht.

Kalium

Auch ein Missverhältnis zwischen Kalium- und Wasserstoff-Ionen kann zu einer Gärstörung führen. Der Kaliumlevel wurde in einer Studie zwischen 300 und 2000 mg/L variiert, wobei sowohl niedrige als auch extrem hohe Werte zu Gärproblemen führten. Ein Verhältnis von Kalium zu Wasserstoff bei etwas 25:1 scheint für die Gärleistung optimal zu sein. Höhere Kaliumgehalte heben den pH-Wert soweit an, dass es zu Stoffwechselstörungen kommt. Je niedriger der pH-Wert desto mehr Kalium wird benötigt. Bei pH 3,0 waren selbst 1000 mg/L Kalium zu wenig für eine erfolgreiche Gärung. Im Gegensatz dazu gab es bei pH 3,6 keine Gärschwierigkeiten unabhängig von der Kaliummenge.

Pilze nehmen Kalium im Austausch für H+-Ionen auf um das ionische Gleichgewicht halten zu können und gleichzeitig das Zellinnere vor Übersäuerung zu schützen. Außerdem spielt Kalium eine Rolle bei der Glucoseaufnahme in die Zelle. Die Aufnahme verläuft signifikant schneller bei niedrigen pH-Werten, wenn ausreichend Kalium im Medium ist. Somit stimuliert Kalium die Gärgeschwindigkeit, scheint aber auf die Funktion der Glycolyseenzyme keine Auswirkung zu haben. Außerdem erleichtert Kalium die Ausscheidung protonierter organischer Säuren. Die Aufnahme von Kalium und Glucose könnte von den gleichen Enzymen gesteuert werden. Glucose liegt im Most immer in sehr großen Mengen vor und kann die Kaliumaufnahme gegen den Konzentrationsgradient fördern. Kalium wird immer zu Beginn der Gärung stark aufgenommen und während der Autolyse wieder frei gesetzt. Die Zugabe von Stickstoff kann die Gärprobleme bei einem Missverhältnis aus Kalium und Wasserstoff nicht verhindern. Die Anwesenheit von anderen einfach geladenen Kationen kann den Effekt des Kaliums auf die Gärleistung verändern.

Metalle

Metalle haben in höheren Konzentrationen eine toxische Wirkung auf Organismen, da sie Enzymsysteme inaktivieren können. Daher sind die Gehalte einiger Kationen gesetzlich beschränkt. Reben nehmen geringe Gehalte Schwermetalle über das Wurzelsystem oder direkten Kontakt aus Spritzmitteln auf. Hefezellen nehmen diese während der Gärung auf, so dass 0-50 % der ursprünglichen Konzentration im Wein verbleibt. Kupfer und Eisen, in größeren Mengen stark toxisch, nehmen in geringerer Menge wichtige Funktionen im Zellstoffwechsel wahr. Schwermetallkonzentrationen über 100 µM gelten aber als toxisch für die Hefe.

Adsorbierende Stoffe wie Aminosäuren, Proteine, Organische Säuren, Polyphenole, Polyphosphate und Kolloide können die verfügbaren Metallkationen im Medium reduzieren. Gärungen mit Kaliummangel beginnen meist genauso schnell wie unter Anwesenheit von Kalium, stocken aber nach fünf bis sechs Tagen und kommen im schlimmsten Fall ganz zum Stillstand. Dabei spielt nicht der Kaliummangel an sich die entscheidende Rolle, sondern die Zelle ist in ihrer Struktur durch fehlendes Kalium so weit geschädigt, so dass eine Zugabe zu einem späteren Zeitpunkt keine Verbesserung mehr bringt.

Essigsäure

Die stoffwechselhemmende Wirkung von Fettsäuren wurde schon häufiger belegt. In der Arbeit von Rasmussen et al. (1995)[2] wurde Essigsäure als kleinste mögliche Fettsäure betrachtet, deren physiologische gärhemmende Wirkung früher schon angedeutet wurde. Bei Versuchen mit der Rebsorte Chardonnay war die Gärhemmung eine direkte Funktion der Essigsäurekonzentration. Außerdem scheint die Temperatur eine Rolle zu spielen, wobei niedrige Temperaturen die toxische Wirkung verstärken. Die Wirkung wird ähnlich wie bei anderen niedermolekularen Fettsäuren durch passive Diffusion des undissoziierten Moleküls und anschließender Dissoziation in der Zelle entfaltet, da der pKS-Wert der Essigsäure bei 4,8 liegt. Dadurch findet eine pH-Verschiebung statt, die Enzyme denaturieren und den Stoffwechsel unterbrechen kann. Der Stoffwechsel wird also ohne direkte chemische Interaktion gestört. Die Resultate wurden unter geringen Stressbedingungen erzeugt, das heißt bei ausreichender Nährstoffversorgung und optimaler Hefeeinsaatmenge. Bei einer Konzentration über 1 g/L Essigsäure trat auch in ansonsten gesunden Mosten eine Gärhemmung auf. Die Entfernung der Essigsäure führte in allen Fällen zu einer Wiederaufnahme der Gäraktivität. Acetaldehyd hat ebenfalls eine toxische Wirkung auf die Hefe und scheint eine Rolle bei der allgemeinen Ethanolsensitivität zu spielen.

In einem Projekt von Edwards et al. (1999)[3] wurden Milchsäurebakterien aus kommerziellen Weinen isoliert, die in der Lage waren eine Gärung zum stocken zu bringen. Die Stämme vermehrten sich extrem schnell; ein Stamm erreichte zwei Tage nach der Beimpfung eine Zellzahl von mehr als 109 Zellen/mL. Zwei der drei isolierten Stämme gehörten zur Art Oenococcus oeni, der dritte war ein bisher unbekannter Lactobacillus. Dieser bildete so viel Essigsäure um den Hefestoffwechsel nach zwei bis drei Tagen stark zu hemmen (bis zu 5 g/L). Zur vollständigen Hemmung von Saccharomyces cerevisae müsste die Essigsäurekonzentration etwa 10 g/L betragen. Es ist bisher nicht bekannt, ob die Zugabe von Essigsäure zum Most das Angärverhalten negativ beeinflusst, sicher ist aber, dass die Anwesenheit von Ethanol den hemmenden Effekt verstärkt. Die Essigsäure scheint hierbei die Gärfähigkeit zu beeinflussen und nicht die Viabilität. Pediococcus kann Mengen an flüchtiger Säure bilden, die geeignet sind, den Stoffwechsel von Oenococcus zu hemmen. Hanseniaspora uvarum (bzw. Kloeckera apiculata) nimmt größere Mengen Thiamin in kürzester Zeit aus dem Medium auf und kann so eine Mangelsituation für Saccharomyces herbei führen. In Anwesenheit von Essigsäure kann Saccharomyces Thiamin schlechter transportieren und in der Zelle zurück halten. In Spontangärungen kann also ein induzierter Thiaminmangel eine Gärstörung verursachen. Auf der anderen Seite reduziert auch SO2 den Gehalt an Thiamin durch direkte Bindung, so dass übermäßiger Schwefeleinsatz im Most den gleichen Effekt haben kann. Gärungen mit Mixkulturen (verschiedene Hefen oder Hefe Bakterien-Mix) sollten daher immer extern mit Thiamin versorgt werden. Beispiel ATP, Glucose und Aminosäuren.

Sauerstoff

Ein weiterer begrenzender Faktor ist die Sauerstoffversorgung, durch die die Styrolsynthese aktiviert wird. Die Versorgung mit Sauerstoff steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Endvergärungsgrad. Eine Verzögerung der Angärung war in den Experimenten von Ingledew et al. (1985) auf einen Verlust der Hefevitalität zu Beginn zurück zu führen. Ausreichende Belüftung erhöht die Zellzahl und die Viabilität am Ende der Gärung. Die Kombination aus Belüftung und zusätzlicher Nährstoffversorgung kann somit Gärprobleme verhindern. Sauerstoff wird üblicherweise zugegeben um die Biomasseproduktion und damit die Gärgeschwindigkeit zu verbessern, besonders wenn eine stockende Gärung zu befürchten ist. Die Zugabe von 5-10 mg/L ist am Ende der exponentiellen Phase am effektivsten. Der Sauerstoff wird benutzt um Sterole und ungesättigte Fettsäuren zu synthetisieren, die die Membranintegrität verbessern.

Gärungen, die in Versuchen von Ingledew et al. (1985) mit Stickstoff statt Sauerstoff begast wurden, waren extrem stockend, während eine Zufuhr von Sauerstoff zwischen 30 und 48 Stunden nach der Inokulation den Prozess positiv beeinflusste. Es wurde eine Zunahme von Zellmasse bei Belüftung festgestellt, die in einer schnelleren und vollständigeren Gärung resultierte. Auch wenn die Stickstoffgehalte niedrig sind, stimuliert Sauerstoff die Zellvermehrung. Die Zugabe von Hefeextrakt wirkt ebenfalls stimulierend. Die Kombination aus Hefeextrakt-Zugabe und Belüftung zeigte die besten Ergebnisse. Das Aufrühren der Hefe wirkt ebenfalls stimulierend. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass Hefen zur Vermehrung Sauerstoff benötigen, auch wenn sie unter Gärungsbedingungen wachsen.

Ethanol

Während der Vergärung von Traubenmost entsteht genügend Ethanol um einen Rückgang der Gäraktivität bzw. eine Hemmung des Hefestoffwechsels zu bewirken. Die beiden Enzyme, die am empfindlichsten gegenüber Ethanol sind, sind Pyruvat-Decarboxylase und Phosphoglycerat-Kinase. Daraus wurde der direkte Zusammenhang zwischen Alkoholanreicherung und Gärstockungen abgeleitet. Eine wichtige Eigenschaft von Ethanol ist, dass es die Toxizität anderer Stoffe erhöht. Die Zelle reagiert auf erhöhte Ethanolgehalte mit der Produktion von ungesättigten Fettsäuren und Ergosterol, die aber nur unter aeroben Bedingungen synthetisiert werden können. Diese wirken eher dem zerstörenden Effekt des Ethanols auf Phospholipide und Proteine entgegen als die Plasmamembranfluidität zu beeinflussen. Der passive Protonenfluss in die Zelle scheint auch nicht für den vorzeitigen Zelltod verantwortlich zu sein, da der Tod meist schon eintritt, bevor der intrazelluläre pH-Wert signifikant absinkt. Falls ungesättigte Fettsäuren und pflanzliche Sterole im Most vorhanden sind, können sie von der Hefe aufgenommen und genutzt werden. Sie nehmen in der Zelle aber nur strukturelle Aufgaben wahr, zur Kontrolle der Membranfunktion können sie nicht verwendet werden.

Schönungsmittel

In der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 wird der Einsatz von Schönungsmitteln geregelt. Bentonit ist davon das am meisten verwendete und bekannteste Präparat. Es handelt sich dabei um ein Montmorillonit Phyllosilikat, das aufgrund seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften zur Entfernung von Proteinen, Aminosäuren, biogenen Aminen und einigen Polyphenolen geeignet ist. Bentonit enthält einige austauschbare Kationen, vor allem Magnesium, Calcium und Natrium, die ebenfalls die Quellfähigkeit beeinflussen. Natriumbentonit hat ein größeres Quellvermögen als Calciumbentonit. Es ist bekannt, dass durch den Austausch von Kationen einige Mineralstoffe in den Wein übergehen können. Die Anwendung von Bentonit reduzierte bei Nicolini et al. (2004)[4] die Gehalte an Kupfer, Kalium, Rubidium und Zink. Andere Spurenelemente wurden statistisch signifikant erhöht. Die An- und Abreicherung von Mineralstoffen durch Bentonit ist nicht pH-Wert abhängig.

Die Zugabe von 2 g/L Aktivkohle entfernt nach einer Stunde Kontaktzeit 97% der Octansäure und Decansäure. Die Zugabe von Hefezellwandpräparaten entfernt die Ethylester der Fettsäuren und kann so helfen eine stockende Gärung wieder in Gang zu bringen. Die Zahl der vitalen Hefen ist bei gleicher Gesamtzellzahl in Gärung mit Hefezellwandpräparaten höher. Außerdem nimmt die Gärgeschwindigkeit nach der Zugabe zu. Die Adsorption von Schwermetallen an Biomasse von Saccharomyces cerevisiae kann den Gehalt dieser Stoffe im Wein signifikant beeinflussen. Der Mechanismus beinhaltet die Bildung von Protein-Polysaccharid-Komplexen mit den Kationen, wobei die Reaktionen sowohl an der lebenden Zelle als auch bei extrazellulären Molekülen stattfinden können. Durch die Anwendung von Hefezellwandpräparaten konnten die Gehalte an Eisen und Kupfer signifikant gesenkt werden. Außerdem stellen sie ungesättigte Fettsäuren zur Verfügung, die die Gärleistung erhöhen und regen die Synthese von Sterolen in der Plasmamembran an.

Fazit

In früheren Versuchen konnten in einigen Fällen gärhemmende Stoffe durch den Einsatz von Hefezellwandpräparaten und Bentonit so weit abgereichert werden, dass eine problemlose Gärung möglich wurde. Hefezellwände absorbieren dabei sowohl Fettsäuren als auch Schwermetalle und eignen sich daher nicht nur als Nährstoffergänzung für die Hefe, sondern auch als Bio-Adsorptionsmittel für unerwünschte Substanzen. Bei Mosten aus Anlagen, die erfahrungsgemäß zu Gärproblemen neigen, ist ein verstärkter Einsatz dieser Mittel empfehlenswert. Präventiv sollte in jedem Fall beim Hefeansatz sorgfältig auf schonende Rehydrierung und ausreichende Versorgung geachtet werden. Das gilt sowohl für Sauerstoff als auch für Komplexnährstoffe, die die Hefevermehrung stimulieren. Nach dem Einsetzen der Gärung sollte auch prinzipiell mit Diammoniumphosphat (DAP) gearbeitet werden um eventuellen Stickstoffmangelerscheinungen vorzubeugen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nabais, R.C., Sá-Correia, I., Viegas, C.A. and Novais, J.M. (1988): Influence of Calcium Ion on Ethanol Tolerance of Saccharomyces bayanus and Alcoholic Fermentation by Yeasts. In: Applied and Environmental Microbiology. 54. Nr. 10. 2439-2446
  2. Rasmussen J.E., Schultz, E., Snyder, R.E., Jones, R.S., Smith, C.R. (1995): Acetic acid as a causative agent in producing struc fermentations. In: American Journal of Enology and Viticulture. 46. 278–280
  3. Edwards, C.G., Reynolds, AG., Rodriguez, A.V., Semon, M.J. & Mills, J.M. (1999): Implication of acetic acid in the induction of slow/stuck grape juice fermentations and inhibition of yeast by Lactobacillus sp.. In: American Journal of Enology and Viticulture. 50. 204-210
  4. Nicolini, G., Larcher, R., Pangrazzi, P., Bontempo, L. (2004): Changes in the contents of micro- and trace-elements in wine due to wine-making treatments. In: Vitis. 43. Nr. 1. 41-45

Literaturverzeichnis

  • Sommer, S. (2014): Gründe für Gärstörungen. Abteilung Weinbau & Oenologie (Gruppe Oenologie), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.
  • Bisson, L.F. (1999): Stuck and Sluggish Fermentations. In: American Journal of Enology and Viticulture. 50. Nr. 1. 107-119. 
  • Malherbe, S., Bauer, F.F., Du Toit, M. (2007): Unterstanding Problem Fermentations – A Review. In: South African Journal of Enology and Viticulture. 28. Nr. 2. 169-186. 
  • Nabais, R.C., Sá-Correia, I., Viegas, C.A. and Novais, J.M. (1988): Influence of Calcium Ion on Ethanol Tolerance of Saccharomyces bayanus and Alcoholic Fermentation by Yeasts. In: Applied and Environmental Microbiology. 54. Nr. 10. 2439-2446. 
  • Dombek et al. (1986)
  • Edwards, C.G., Reynolds, AG., Rodriguez, A.V., Semon, M.J. & Mills, J.M. (1999): Implication of acetic acid in the induction of slow/stuck grape juice fermentations and inhibition of yeast by Lactobacillus sp.. In: American Journal of Enology and Viticulture. 50. 204-210. 
  • Ingledew et al. (1985)
  • Nicolini, G., Larcher, R., Pangrazzi, P., Bontempo, L. (2004): Changes in the contents of micro- and trace-elements in wine due to wine-making treatments. In: Vitis. 43. Nr. 1. 41-45. 
  • Rasmussen J.E., Schultz, E., Snyder, R.E., Jones, R.S., Smith, C.R. (1995): Acetic acid as a causative agent in producing struc fermentations. In: American Journal of Enology and Viticulture. 46. 278–280.