Winterfrostschaden in Jungfeldern

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Tage mit starkem Winterfrost in Neustadt/Weinstraße (145 m ü. NN) in den Jahren 2009 und 2010

Im Jahr 2011 sind vermehrt Schäden in Junganlagen durch Winterfröste aufgetreten. Die Schäden wurden durch Temperaturen unter minus 15 Grad Celsius in 20 cm Bodenhöhe in den beiden vergangenen Wintern 2009 und 2010 verursacht (siehe Tabelle). Betroffen waren vor allem Junganlagen im zweiten und dritten Standjahr. Die Auswirkungen der Fröste wurden oft erst im Sommer in den Monaten Juli und August durch vorzeitige Laubverfärbung der geschädigten Stöcke auffällig. Im folgenden Berichten Dipl. Ing. Matthias Zink und Dr. Joachim Eder vom DLR-Rheinpfalz in Neustadt an der Weinstraße aus aktuellen Fällen der Beratung.

Schadbild und Verwechslungsmöglichkeiten

Frostgeschädigte Rebstöcke mit vorzeitiger Laubverfärbung

Beim Rebschnitt der jungen Weinberge im Frühjahr waren an der Schnittstelle zum Aufbau eines Stammes bei Rebanlagen im zweiten Standjahr oder beim Anschneiden einer Bogrebe bei Rebanlagen im dritten Standjahr noch keine Schadsymptome erkennbar. Im weiteren Verlauf der Vegetationszeit, im Sommer, vom Beginn der Rebblüte bis zum Weichwerden der Beeren, trat bei geschädigten Stöcken eine auffällig frühe Laubverfärbung auf. Die Stöcke mit Schadsymptomen waren zumeist unregelmäßig im Weinberg verteilt. Nach der Laubverfärbung fingen die Blätter und die Gescheine an zu welken bis schließlich der ganze Stock abgestorben war.

Bei den geschädigten Rebstöcken war der untere Bereich des Stammes oberhalb des Pfropfkopfes auf einem Abschnitt von etwa 10 bis 15 Zentimeter Länge abgestorben. Beim Querschnitt am unteren Teil des Stammes wurde das vom Frost zerstörte, braun bis schwarz gefärbte, Kambiumgewebe sichtbar. In diesem Bereich unterblieb das weitere Dickenwachstum des Rebstammes. Durch die Leitbahnschäden wurde der Transport von Wasser, Mineralstoffen und Assimilaten unterbrochen und der Stock starb nach einiger Zeit ab.

Das Leitgewebe des oberen Stammteiles dagegen war bis zum Welken der Blätter noch lebensfähig. Weil keine Verbindung zwischen Unterlage und dem oberen Stammbereich bestand, bildeten sich dort zum Teil „Luftwurzeln“. Am Pfropfkopf entwickelten sich im Frühjahr junge Triebe, aus denen ein neuer Stamm herangezogen werden konnte. Da aber die durch den Frost verursachten Stammschäden in den Monaten April und Mai zunächst nicht erkannt wurden, wurden diese Triebe zumeist bei den Arbeiten zum Stammputzen oder beim Ausbrechen entfernt.

Bei einem Teil der geschädigten Reben trat unterhalb der Veredlungsstelle in der Unterlage ein Frostriss auf. Das aufgerissene Gewebe verlief quer durch den Holzteil, das Mark und die Rinde. Das Wachstum der Rebe wurde dadurch nachhaltig gestört. Neue Austriebe am Pfropfkopf konnten sich deshalb nur kurzeitig weiter entwickeln.

Verwechslungsgefahr mit Mauke: Frostgeschädigter Bereich am Pfropfkopf mit Kallusgewebe, Schäden an Kambium und Leitbahnen

Im Frühsommer zeigten sich zunächst Aufreissungen der Rinde am Stamm, die nachfolgend durch Kallusgewebe verschlossen wurden. Optisch kann dieses Kallusgewebe nicht eindeutig von durch Mauke verursachten Wucherungen unterschieden werden. Der Nachweis von Mauke kann allerdings nur mit Hilfe einer labortechnischen Untersuchung geführt werden. Bei einem laufenden Forschungsprojekt soll ein Testverfahren entwickelt werden, um auch latenten Befall sicher erkennen zu können.

Auch beim Einsatz nicht zugelassener Herbizide in Jungfeldern, wie zum Beispiel glyphosathaltiger Präparate, können Leitbahnschädigungen und Absterbeerscheinungen am Stamm entstehen. Das Schadbild an den jungen Rebstämmen ist zum Teil ähnlich wie bei der Schädigung durch Frost. Durch den unsachgemäßen Einsatz von Herbiziden verursachte Schäden treten allerdings meist gleichmäßiger verteilt im Weinberg auf als Stammschäden durch Frost.

Beratungsfälle mit starken Stammschäden durch Frost

Kaltluftseen entstehen in den bekannten Frostlagen, vor allem in Tälern und Senken. Aber auch durch Hecken, Bäume und Waldränder wird kalte Luft angestaut und verursacht Frostschäden. Bei den Beratungsfällen traten Stammschäden deshalb häufig unregelmäßig verteilt im Weinberg auf, zum Teil waren auch mehrere benachbarte Reben geschädigt.

Es waren auffällig viele Weinberge mit Pflanzröhren betroffen. Ursächlich könnte sein, dass an frostigen Tagen mit Sonneneinstrahlung im Winter die Temperatur in den Röhren stärker ansteigt als außerhalb der Pflanzröhren. Vermutlich treten im Zuge der nächtlichen Abkühlung innerhalb der Pflanzröhren größere Temperaturschwankungen auf als an frei stehenden Reben, die zum Absterben des Pfropfkopfes und des unteren Stammteiles führen können. Zur stärkeren Schädigung könnte auch beigetragen haben, dass das Wachstum in den Pflanzröhren durch die vergleichsweise günstigeren klimatischen Bedingungen während der Vegetationsperiode forciert wird.

Die Schadfälle waren in Anlagen mit starkem, zum Teil auch mastigem Wuchs, stärker ausgeprägt als in Anlagen mit verhaltenerem Wachstum. Starkes Wachstum von Jungfeldern im Pflanzjahr oder auch Befall mit Oidium und Peronospora bei unzureichendem Pflanzenschutz können die Holzreife beeinträchtigen und Schäden durch Winterfrost begünstigen.

Frostschäden in Jungfeldern vermeiden

Frostschäden können durch eine gute Holzreife eingegrenzt werden. Gezügelte Stickstoffversorgung und konsequenter Pflanzenschutz spielen dabei eine wichtige Rolle. In der Praxis werden langjährige Dauerbegrünungen des Altbestandes vielfach erst im Zuge der Rodung umgebrochen und das Wachstum der nachfolgend gepflanzten jungen Reben wird durch den mineralisierten Stickstoff zu Lasten der Holzreife stark gefördert. Ein solcher Stickstoffschub im Jungfeld kann durch einen früheren Umbruch der Begrünung im Altbestand oder eine nachhaltige Störung des Aufwuchses, zum Beispiel durch Unterfahren, bereits in den Jahren vor der Rodung vermieden werden. Begleitend ist die mineralische N-Düngung.

Schäden am Pfropfkopf und an der Unterlage können durch Zupflügen und Abdecken der Veredlungsstelle mit Erde verhindert werden. Durch Frost geschädigte Stämme können durch Triebe aus Stammbereichen unterhalb der Schädigung neu aufgebaut werden. Vorbeugend müssen bei den Ausbrecharbeiten nach harten Winterfrösten dazu geeignete Triebe an der Stammbasis belassen werden. Wo keine Schäden durch Wildverbiss zu erwarten sind, sollten Pflanzröhren in Junganlagen bereits vor dem ersten Winter des Pflanzjahres entfernt werden. Bei der Sortenwahl sind die Standorteigenschaften zumindest gleichrangig mit marktbezogenen Überlegungen zu berücksichtigen. Erfahrungsgemäß führt die Anpflanzung von weniger frostharten Rebsorten, wie zum Beispiel Müller-Thurgau, in kalten Lagen und Wintern mit starken Frösten in den ersten drei Standjahren häufiger zu Stockausfällen als bei Sorten mit größerer Frosthärte.

Maßnahmen nach einer Schädigung durch Frost in Jungfeldern

Grundsätzlich ist bei Stammschäden ein Neuaufbau durch Triebe aus Stammbereichen unterhalb der Schädigung möglich. Dies ist bei den Ausbrecharbeiten nach harten Winterfrösten unbedingt zu berücksichtigen. Nachdem der neue Stamm aufgebaut ist, kann der alte geschädigte Stamm entfernt werden.

Sollte die Unterlage allerdings durch Frostrisse geschädigt sein, so ist ein neuer Stammaufbau nicht möglich. In diesen Fällen ist das Wachstum des Stockes nachhaltig gestört und die Rebe muss ersetzt werden. Zur Prüfung solcher Schäden sollten mehrere Stöcke einer Anlage durch Anschneiden im bodennahen Bereich auf das Auftreten von Frostrissen hin untersucht werden.

Literatur

Zink, M. und Eder, J. (2011): Schäden durch Winterfrost in Jungfeldern. Abteilung Phytomedizin (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.