Weinbau und Religion

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Seit Anbeginn der Weinbereitung stand Wein in Verbindung mit dem Kult der Götter, sei es als Opfer oder als Mittel zur religiösen Verzückung (Ekstase) der Priester und Gläubigen.

Dionysos/Bacchus

Bacchus, gemalt von Caravaggio

Die Verehrung des Weingottes Dionysos entwickelte sich in Kleinasien aus Fruchtbarkeitskulten. Der Sohn des Zeus und der Semele wurde von den Nymphen von Nysa gepflegt. Auf Naxos vermählte er sich mit Ariadne. Seine Begleiter sind die Satyren (mit Bocksfuß und Hörnern), Silene, Mänaden und Nymphen, die bei Kultfeiern in den griechischen Theatern nachgespielt, oder in Fruchtbarkeitsumzügen nachgestellt wurden. Die Römer übernahmen Dionysos als Bacchus und verehrten ihn so orgiastisch, dass die Feiern schon 186 v. Chr. streng geregelt wurden.
In der Spätzeit war der Bacchuskult wie der Mithraskult einer der hartnäckigsten Konkurrenten des Christentums. Dargestellt wird Dionysos/Bacchus stehend mit dem zweihenkeligen Kantharos oder einem Weinkrug und dem mit Efeuzweigen umwundenen Thyrsosstab. Zu den erwähnten Begleitern gehört auch der Panther. Bacchus wird auf Triumphwagen oder auf Löwen reitend auf spätrömischen Mosaiken abgebildet. Zum Weinmythos gehören der Efeukranz, der, um den Kopf gewunden, wie der Amethyst am Hals getragen, vor Trunkenheit schützen soll.

Wein und die Religionen

Im jüdischen und christlichen Glauben nehmen Rebe und Wein einen bedeutenden Platz ein. In Psalm 104 („Der Wein erfreue des Menschen Herz.") wird dies unterstrichen. Der Rebstock steht im Alten Testament allgemein für fruchtbares Land (Josua und Kaleb mit der Riesentraube), für das Land und Volk Israel, für die Ehefrau oder für Wohlergehen („Der Weinstock soll vor meiner Tür wachsen.").

Judentum

Die ältesten Anbauregelungen für Reben stammen aus der Zeit Moses und sind heute noch gültig: Erst ab dem vierten Standjahr kann in einem Weinberg "koscherer" Wein erzeugt werden. Er muss darüber hinaus im Keller von „jüdischen Händen" bereitet sein und es darf kein gesäuertes Brot dabei gegessen werden. Wein ist Trankopfer und gehört zum Kult am Vorabend des Sabbat und zum Passahmahl.

Christentum

Die Tradition des Judentums setzt das Christentum fort. Der Weinberg, bzw. der Rebstock tritt im Gleichnis an die Stelle der Gemeinde oder von Christus selbst. Bei der Hochzeit von Cana geschieht als erstes Wunder Christi die Verwandlung von Wasser in Wein.
Das Passahmahl wird zum Abendmahl. Wein wird zum Blut des Erlösers.
Messwein darf nach dem „Codex iuris canonici" nur auf natürliche Weise von dazu autorisierten Betrieben hergestellt werden. Der Gebrauch des Weines beim christlichen Kult führte zur Verbreitung des Weinbaues in Europa und in der Welt.

Weinheilige und Eisheilige

Die Winzer in allen Weinbauregionen haben, aufgrund der beschränkten Bekämpfungsmöglichkeiten von Krankheiten und Schädlingen, in der Vergangenheit ihre sehr witterungsabhängigen Rebkulturen dem Schutze besonderer Heiliger anbefohlen und für gute Ernten gebetet. Sie tun es auch heute noch. Sie fürchten die Eisheiligen, weil Spätfröste im Mai die grünen ausgetriebenen Rebtriebe ab -1 bis - 2°C schädigen können. Die Eisheiligen Pankratius (12.5., † 304), Servatius (13.5., † 384) und Bonifatius (14.5., † 306) sind neben der „kalten Sophie" (15.5.) in allen deutschen Weinbaugebieten bekannt.
Es gibt außerdem Weinheilige, die in vielen Weinbauregionen Europas, und andere, die nur in bestimmten Weinbaugebieten bekannt sind. Zu diesen gehören beispielsweise die Folgenden:

  • St. Urban, Bischof von Langres (23.1., † 576), Frankreich
  • St. Urban I, Papst (25.5., † 230), Deutschland
  • St. Vincentius von Zaragoza (22.1., † 304), Spanien und Frankreich
  • St. Laurentius (10.8., † 258), Spanien, Frankreich, Deutschland
  • St. Johannes der Täufer (24.6.) in allen Weinbaugebieten.

Andere Weinheilige werden nur in bestimmten Regionen verehrt, so unter anderem:

  • St. Kilian, 1. Bischof von Würzburg (8.7., † 689), Franken, Elsass
  • St. Martin, Bischof von Tours (11.11., um 400), Mosel, Frankreich
  • St. Werner von Oberwesel, St. Goar, Mittelrhein
  • St. Cyriakus, einer der 14 Nothelfer (8.8., † 300 in Rom), Pfalz, Südtirol.

Zur Cyriakuskapelle bei Lindenberg/Lambrecht bringen die Winzer am Namensfest die ersten reifen Trauben. St. Cyriakus soll die widrigen West- und Nordwinde mit Hagelschlag abhalten. Er soll das Charisma gehabt haben, den Teufel austreiben zu können und wäre Weinheiliger geworden, weil auch der Wein Zorn, Gram und teuflische Bedrücktheit austreiben kann. Von den Weinheiligen sind viele Weinlegenden und Wettersprüche bekannt.

Quellen

  • Adams, Jakob, Schumann (1997): Weinkompendium. Verein der Absolventen der Staatlichen Lehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau. Neustadt an der Weinstraße. 125.1 - 125.2, 126. 
  • Bassermann-Jordan, Friedrich (1991): Geschichte des Weinbaus. Nachdruck Pfälzische Verlagsanstalt Neustadt/Weinstraße. Neustadt an der Weinstraße. ISBN 3-87629-181-x
  • Schreiber, Georg (1980): Deutsche Weingeschichte. Rheinland Verlag Köln. Köln. ISBN 3-7927-0331-9
  • Weeber, Karl-Wilhelm (1993): Die Weinkultur der Römer. Artemis und Winkler München. München. ISBN 3-7608-1093-4
  • Woschek, Heinz Gert (1971): Der Wein. Callwey Verlag. München. ISBN 3-7667-0207-6