Stickstoff-Düngung

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Mit der Stickstoffdüngung sollen die Entzüge aus dem Weinberg durch die Trauben und eventuell dem Holz für die Pflanzguterzeugung, sowie die unvermeidbaren N-Verluste ausgeglichen werden. Eine pauschale Düngung aller Parzellen ist deshalb in vielen Fällen nicht sinnvoll. Die Bemessung der N-Gaben muss sich vielmehr an den jeweiligen Situationen der einzelnen Parzellen orientieren. Neben den Traubenerträgen muss die Wüchsigkeit und die Krankheitsanfälligkeit der Rebbestände berücksichtigt werden. Eine große Rolle spielen die Bodenverhältnisse und die Art der Bodenpflege. So wird die Versorgung der Reben mit Stickstoff in starkem Maße vom Mineralisationsgeschehen im Boden beeinflusst. Geringe Humusgehalte und Begrünungen, aber auch Bodenverdichtungen und –versauerungen, sowie Trockenheit schränken die Tätigkeit des Bodenlebens erheblich ein. Ein geringeres Angebot an pflanzenverfügbarem Stickstoff ist die Folge. Andererseits können hohe Humusgehalte in Verbindung mit intensiver Bodenbearbeitung N-Mineralisationsschübe verursachen, die ein Mehrfaches des Traubenentzuges erreichen. Darum setzt eine reben- und umweltgerechte Bemessung der Stickstoffdüngung die Kenntnis des Humusgehaltes im Oberboden voraus. Außerdem muss die Art und die Intensität der Bodenbewirtschaftung berücksichtigt werden.

N-Düngung

N-Düngebedarfsermittlung gemäß DüV 2017 mittels Schätzverfahren

Eine Düngung nach guter fachlicher Praxis versorgt Kulturpflanzen mit den notwendigen Nährstoffen, erhält und fördert die Bodenfruchtbarkeit. Die Düngeverordnung präzisiert die Anforderungen und regelt, wie die mit der Düngung verbundenen gasförmigen Ammoniak-Emissionen sowie die Nitrat-Auswaschung ins Grundwasser und der meist durch Bodenerosion bedingte Phosphat-Eintrag in Oberflächengewässer verringert werden können. Deshalb wurden Düngegesetz (DüngG) und Düngeverordnung (DüV) grundlegend überarbeitet (= novelliert) und traten am 16.05.17 (DüngG) bzw. am 02.06.17 (DüV) neu in Kraft. Auf diese Weise erfolgte eine Anpassung des deutschen Düngerechts an internationale Umweltziele zum Gewässer-, Klima- und Biodiversitätsschutz.

Die Düngeverordnung regelt die gute fachliche Praxis bei der Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen und soll die mit der Anwendung dieser Stoffe verbundenen Umweltrisiken vermindern. Die damit verbundenen Anforderungen im Weinbau wie die Düngebedarfsermittlung und die Erstellung des Nährstoffvergleichs sind grundsätzlich nicht neu, lediglich die Rahmenbedingungen haben sich verändert.

Vor dem Aufbringen von mehr als 50 kg Stickstoff (N) pro Hektar und Jahr müssen Betriebe ab 2 Hektar Betriebsgröße gemäß § 3 (2) DüV den Stickstoff-Düngebedarf für jeden Schlag bzw. jede Bewirtschaftungseinheit ermitteln und neuerdings dokumentieren. Hierzu hat der FDW-Arbeitskreis „Bodenkunde & Rebenernährung“ das in Abbildung 1 aufgeführte und BUNDESEINHEITLICH gültige Schätzverfahren für Ertragsanlagen weiterentwickelt. Basis des Schätzrahmens ist der Ausgangswert von 40 kg N/ha und Jahr, da mit den Trauben je nach Ertragshöhe lediglich 25 bis 32 kg N/ha und Jahr aus dem Weinberg abgeführt werden. Von diesem Ausgangswert sind nun N-Aufschläge und N-Abzüge in Abhängigkeit des anzustrebenden Ertrages, des Rebenwachstums sowie des standorttypischen Humusgehaltes und der Art des Bodenpflegesystems möglich (Abbildung 1). Der so ermittelte N-Bedarf bezieht sich generell auf eine Einjahresgabe (z. B. 40 kg N/ha). Für eine Dreijahresgabe im Zuge einer Humusdüngung darf die erhaltene N-Menge x 3 multipliziert werden (z. B. 120 kg N/ha). Die N-Obergrenze des Schätzverfahrens ist auf maximal 80 kg N/ha und Jahr festgelegt.

Alle Merkblätter und Excel-Anwendungen zur N-Düngebedarfsermittlung im Weinbau finden Sie unter: www.wasserschutzberatung.rlp.de ==> Düngeverordnung ==> Weinbau ==> 1. Stickstoff-Düngebedarf ermitteln & dokumentieren.

Ermittlung des Nitratgehaltes in Blattstielen

Mittels Schnelltest wird zur Zeit der Rebenblüte die Nitratkonzentration in Blattstielen ermittelt. Damit können innerhalb kürzester Zeit Defizite in der N-Versorgung diagnostiziert und reguliert werden.

Durchführung: Entnahme von 10 bis 15 Blattstielen an Haupttrieben, 30 - 40 cm unterhalb Triebspitze, dickere Stielteile verwerfen, mit Knoblauchpresse auspressen, Presssaft mit Merckoquant- oder Reflectoquant- Nitrat-Teststreifen untersuchen.

Anzustrebende Konzentration: 150 bis 200 mg NO3 L-1

Umsetzung der Nitratmessung in Blattstielen in die Düngepraxis
Nitratkonzentration in Blattstielen (mg NO3 L-1) Dünge- und Bodenpflegemaßnahmen
unter 150 Boden-N-Düngung (ca. 30 kg N/ha) bis unmittelbar nach der Rebblüte oder später bis Traubenschluss Blatt-N-Düngung
150 bis 200 keine weitere N-Zufuhr erforderlich, Düngekonzept zukünftig beibehalten
200 bis 400 Bodenpflege extensivieren
über 400 N-Düngekonzept überprüfen, ab Juli N-zehrende Begrünung einsäen, in Zukunft weniger N düngen


N-Düngung nach Blattanalyse

(Laboruntersuchung) Die klassische Blattanalyse erfordert eine repräsentative Probenentnahme und die chemische Untersuchung in einem Speziallabor. In der Regel werden dabei alle Hauptnährstoffe und teilweise auch Mikronährstoffe erfasst. Durchführung: Entnahme von 30 bis 40 Haupttriebblättern in der Traubenzone zur Zeit der abgehenden Rebblüte (ES 68) und sofortiger Versand ans Labor. Zur Zeit der abgehenden Rebblüte werden N-Gehalte von 2,5 bis 2,9 % N i. TM angestrebt. Bei späterer Probenentnahme gehen die Gehalte auf 2,2 bis 1,8 % N zurück.


Nmin-Untersuchung

(Laboruntersuchung) Die Untersuchung erfasst den Gehalt an sofort verfügbarem Stickstoff (Nmin) im Boden. In Regel erfolgt die Probenentnahme möglichst zeitnah vor der N-Düngung, also zum Austrieb der Reben. Die N-Bemessung orientiert sich an der Differenz zwischen dem angestrebten Sollwert und dem ermittelten Nmin-Gehalt. Im Weinbau ist dieses Verfahren zur N-Bemessung weniger üblich, da in den Anlagen verschiedene Bodenpflegeverfahren eingesetzt werden und damit Probleme ihrer Gewichtung bei der Beprobung bestehen. Die N-Bemessung nach Nmin-Untersuchung macht vor allem in Weinbergen mit offen gehaltenen Böden Sinn. Häufiger dienen Nmin-Untersuchungen nach der Traubenlese zu Kontrollzwecken beim Grundwasserschutz. Durchführung: Repräsentative Bodenproben werden aus 0 – 30 cm und 30 – 60 cm Tiefe entnommen und unter Kühllagerung sofort zum Bodenlabor gebracht. Wo dies nicht möglich ist, muss eine Zwischenlagerung im Gefrierschrank (- 18° C) erfolgen.

EUF – Bodenuntersuchung (Elektro-Ultrafiltration)

Im Rahmen einer umfassenden Hauptnährstoffanalyse wird auch der Gehalt an bald verfügbarem N ermittelt. Die Ergebnisse der speziellen Untersuchungstechnik bringt Werte, die mit den herkömmlichen Verfahren nicht vergleichbar sind. Organisation und Durchführung erfolgt durch Bodengesundheitsdienst GmbH, 97195 Ochsenfurt (BGD). Nach Voranmeldung (mögl. im Winter) beim BGD wird ein codierter Probenversandbeutel zugesandt. Darauf ist eine Durchschnittsprobe aus 0 bis 60 cm Tiefe im Februar bis Anfang März zu entnehmen. Die Proben sind sofort an das Labor des BGD zu schicken. Das Labor liefert Düngevorschläge für einen 3-Jahres-Zeitraum.


Auswahl der N-Dünger

Stickstoff ist in vielen Düngemitteln enthalten, weshalb sich deren Bemessung an ihrem N-Gehalt orientieren muss. So ist die Zufuhr von Humusdüngern auf 100 bis 300 kg N ha-1 zu begrenzen. Um mit solchen Materialien ausreichend organische Masse in die Weinberge bringen zu können, sollten diese nicht über 0,8 % N enthalten. Steht dagegen die N-Versorgung im Vordergrund stehen verschiedene organische und synthetische Düngemittel zur Verfügung. Wie bei den meisten Humusdüngern liegt auch bei den organischen Düngemitteln der Stickstoff in organischer Bindung vor. Für seine Verfügbarkeit muss dieser durch die Aktivität des Bodenlebens zunächst mineralisiert werden. Dafür werden Wasser, Luftsauerstoff und Wärme benötigt. Im Frühjahr läuft hier die Mineralisation langsam an, da jedoch auch die Rebe erst Ende Mai bis Anfang Juni größere N-Mengen aufnimmt, kommt es in der Regel zu keinen Versorgungsengpässen. Zur Sicherheit werden die organischen Düngemittel meist drei bis vier Wochen vor den synthetischen Düngern ausgebracht. Es ist davon auszugehen, dass der Stickstoff in organischen Handelsdünger genau wie in Weinhefe und Trub im ersten Jahr zu ca. 75 % verfügbar ist.

Synthetische N-Formen liegen sowohl in Einzel-Nährstoffdüngern und als Mehrnährstoffdüngern vor. Das sofort pflanzenverfügbare, aber auch rasch auswaschbare Nitrat (Salpeter, NO3-) ist im Kalksalpeter enthalten. Daneben findet sich Nitrat auch im Ammonsulfatsalpeter zu einem ¼ und im Kalkammonsalpeter zu ½ des Gesamt-N. Der übrige Stickstoff dieser Dünger liegt als Ammonium vor. Ammonium (NH4+) wird aufgrund seiner positiven Ladung im Boden sorbiert und unterliegt einer nicht so raschen Auswaschung. Allerdings erfolgt unter warmen und feuchten Bedingungen die Umwandlung in Nitrat (Nitrifikation) sehr rasch, was zwar die Pflanzenverfügbarkeit aber auch die Auswaschungsgefahr verstärkt. Dieser Prozess soll durch den Zusatz von Nitrifikationshemmern in ammoniumhaltigen Düngern verlangsamt werden.

Stickstofffixierung durch Leguminosen im Weinbau

Harnstoff (Carbamid, CO(NH2)2) wird sowohl für die Boden- als auch Blattdüngung verwendet. Während die synthetisch-organische Verbindung im Boden vor ihrer Pflanzenaufnahme erst eine Umwandlung im Ammonium und dann die Nitrifikation durchmachen muss, ist sie bei Blattapplikation sofort von der Pflanze aufnehm- und verwertbar. Einen noch längeren Umwandlungsweg im Boden ist beim Kalkstickstoff (Calcium-Cyanamid, CaCN2) zu verzeichnen. Eine Anwendung von Mehrnährstoffdüngern (NPK) zur Stickstoffversorgung ist fachlich oftmals abzulehnen, da in vielen deutschen Weinbergen die Nährelemente Phosphat und Kalium im Übermaß vorhanden sind. Dies gilt häufig auch für den Einsatz von verschiedenen Humusdüngern.

Neben dem Ausbringen von Düngemitteln, bietet sich auch der Einsatz von Leguminosen im Rahmen von Begrünungen an. Ihre Wurzelsymbionten, die Rhizobiumbakterien, können in Weinbergen bis zu 80 kg N ha-1 a-1 zuführen.


Möglichkeiten der Stickstoffausbriungung in begrünten Weinbergen

Ausbringung der N-Düngung

Synthetische Stickstoffdünger sollten grundsätzlich erst zu Beginn der Rebenvegetation (April - Mai) bis spätestens Juni gestreut werden. Einzige Ausnahme stellt hier Kalkstickstoff dar, diese N-Form hat eine herbizide Wirkung und muss darum vor dem Knospenschwellen der Reben ausgebracht werden. Organische N-Düngemittel (Hornmehl und -späne, getrocknete Dungpellets, Malzkeimlinge, Rapsschrot) sollten 3 bis 5 Wochen früher ausgebracht werden. Spätere Nachblütedüngungsmaßnahmen werden in den meisten Jahren nicht mehr rechtzeitig wirksam und fördern die Traubenfäule. Außerdem unterliegt zu spät ausgebrachter Stickstoff einer stärkeren Auswaschung.

Der Wuchs von Begrünungspflanzen sollte im Sommerhalbjahr nicht unnötig durch Stickstoffgaben angeregt werden, da ihr Wasserverbrauch hierbei übermäßig ansteigt und einen stärkeren Wassermangel bei der Rebe auslösen kann. Es empfiehlt sich darum N-haltige Dünger nicht auf die Begrünungsnarbe zu streuen. Es ist sinnvoller in teilflächenbegrünten Anlagen den Stickstoff nur in die offen gehaltenen Gassen zu streuen. In ganzflächig begrünten Anlagen hat sich die Ablage des Stickstoffes (Ammonium-Harnstoff-Lösung) unter der Begrünungsnarbe mittels CULTAN-Verfahren bewährt. Außerdem kann bei Begrünung aller Gassen gelöster Stickstoff in den bewuchsfreien Unterzeilenstreifen appliziert werden.


N-Bilanz im Weinbaubetrieb

Eine gesamtbetriebliche Beurteilung der Stickstoffversorgung wird sich zunächst an den tatsächlichen N-Entzügen orientieren. So müssen traubenvermarktende Betriebe mit einer N-Abfuhr durch die Trauben von 15 bis 35 kg N ha-1 rechnen. Bei einer Verlustrate von 25 % des Gesamt-N-Entzugs haben solche Betriebe einen Düngebedarf von 30 bis 55 kg N ha-1. Betriebe mit reiner Weinvermarktung, die ihre Kellereireststoffe (Trester, Trub, Hefe) zur Düngung im eigenen Betrieb einsetzen, haben dagegen lediglich eine Abfuhr von 1 bis 3 kg N ha-1. Auch wenn hier die Verlustrate von 25 % des Gesamt-N-Entzuges zugrunde gelegt wird, haben selbstvermarktende Betriebe nur einen jährlichen N-Düngebedarf von maximal 20 kg ha-1.

Die derzeitig gültige Düngeverordnung (2007) erlaubt dagegen im Durchschnitt von 3 Jahren einen N-Überschuss von 60 kg N ha-1 a-1. Damit dürfte die durchschnittliche N-Zufuhr in traubenerzeugenden Betrieben maximal 75 bis 95 kg N ha-1 a-1 und in weinvermarktenden Betrieben immerhin 61 bis 63 kg N ha-1 a-1 betragen. Bei dieser Bilanzierung sind die Gesamt-N-Mengen von mineralischen und organischen Düngern, sowie der N-Input durch Leguminosen zu berücksichtigen.

N-Fluss im Weinbau bZiegler.jpg


Beispiel für den Stickstofffluss von 1 ha Weinberg mit Traubenerzeugung und anschließendem Weinausbau, sowie der landbaulichen Verwertung der entsprechenden Kellereireststoffe

Einzelnachweise


Literaturverzeichnis

  • Ziegler, B. (2013): Stickstoff-Düngung. Rhodt unter Rietburg (ehemaliger Spezialberater für Bodenpflege und Düngung der Abteilung Weinbau & Oenologie (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße).
  • Ziegler, B. (2012): Rebendüngung. Abteilung Weinbau & Oenologie (Gruppe Weinbau), Broschürenreihe des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße: 58 Seiten.