Raubmilben

Aus Vitipendium
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Raubmilben in den Blattachseln eines Rebblattes

Der Begriff Raubmilben ist ein Sammelbegriff für verschiedene räuberische Milben. Am Rebstock kommt überwiegend die Art Typhlodromus pyri vor. Ihre Beutetiere sind vorwiegend Spinnmilben (Obstbaumspinnmilbe, Bohnenspinnmilbe). Auch Kräuselmilben und Blattgallmilben sowie Thripslarven werden von ihr als Nahrung angenommen.

Erkennen von Raubmilben

Raubmilben sind am ehesten in den Weinbergen zu finden, in denen seit mehreren Jahren keine Spinnmilbenprobleme auftraten. Werden die Blattadern auf der Blattunterseite in dem Bereich, in dem sie zum Stiel zusammenfließen, mit dem Daumen herausgedrückt und dem Licht ausgesetzt oder angehaucht, dann beginnen sich die kleinen milchig-weißen, opalisierenden, birnenförmigen Raubmilben in den Blattachseln zu bewegen. Eine ausgewachsene (= adulte) Raubmilbe wird bis zu ca. 0,4 mm groß. Als Vergleich dazu sind die Adulten der Obstbaumspinnmilbe ca. 0,9 mm, und die Adulten der Bohnenspinnmilbe ca. 0,6 mm groß.

Sind Blattgallmilben auf dem Blatt, dann sitzen die Raubmilben bevorzugt im Bereich der Gallen, da diese Milben eine hervorragende Ersatznahrung darstellen. Allerdings fällt es den Raubmilben schwer, in die Gallen einzudringen. Haben Raubmilben Obstbaumspinnmilben ausgesaugt, dann sind sie rötlich gefärbt, was das Erkennen erschwert.

Die Lebensweise von Typhlodromus pyri

Typhlodromus pyri überwintert als begattetes Weibchen in den Ritzen des mehrjährigen Holzes, insbesondere am Rebstamm. Mit dem Austrieb verlassen die Weibchen ihr Winterversteck und besiedeln die jungen Triebe. Daher ist zu dieser Zeit eine Befallskontrolle am einfachsten durchzuführen, da sich vergleichsweise viele Tiere auf wenigen Blättern aufhalten.

In einer Vegetationsperiode entwickeln sich ca. 3 Generationen. Unter Laborbedingungen legen Weibchen durchschnittlich 50 Eier ab. Die milchig-weißen, relativ großen ovalen Eier haben eine Länge von knapp 0,2 mm und eine Breite von 0,15 mm. Man findet sie meist in der Nähe von Blattnerven oder Blattachseln.

Raubmilben lieben in etwa die gleichen Witterungsbedingungen wie Spinnmilben. Im Gegensatz zu vielen Nützlingen hält sich die Raubmilbe dauerhaft an den Reben auf: Als typischer Schutzräuber kann sie sich auch von Ersatznahrung wie Pockenmilben, Staubmilben, Kugelmilben, anderen Kleintieren sowie insbesondere von Perldrüsen, Pollen usw. ernähren wenn keine Spinnmilben vorhanden sind.

Schonung von Raubmilben

Um Raubmilben zu schonen, ist eine raubmilbenschonende Spritzfolge einzuhalten. Alle Rebschutzmittel werden im Verlauf der Zulassungsprüfung auf ihre raubmilbenbeeinflussende Wirkung untersucht. Schädigt ein Rebschutzmittel die Raubmilbe bis zu 40 %, so wird dieses Mittel als „nichtschädigend“ gegen die Raubmilbe T. pyri eingestuft. Bei einer Schädigungsrate zwischen 40 und 80 % erhält das Mittel die Einstufung „schwachschädigend“ gegen die Raubmilbe T. pyri. Werden mehr als 80% der Raubmilben abgetötet, wird das entsprechende Produkt als „schädigend“ gegen die Raubmilbe T .pyri eingestuft.

Die Bedeutung der Raubmilbe T. pyri für den Weinbau ist allgemein bekannt und in der Praxis anerkannt. Entsprechend sind mittlerweile bis auf wenige Ausnahmen alle zugelassenen/genehmigten Pflanzenschutzmittel im Weinbau „nichtschädigend“ oder „schwachschädigend“ gegen T. pyri. Falls überhaupt keine Raubmilben im Weinberg angetroffen werden, kann man durch das Anbringen von Gipfellaub und/oder mehrjähriges Abfallholz (Rebschnitt) Raubmilben an die Empfängerreben ansiedeln. In jüngeren Rebanlagen vor allem innerhalb von Flurbereinigungsgebieten ist dies unbedingt zu empfehlen. Hier wurden mit den alten Ertragsreben auch die Raubmilbenpopulationen entfernt, so dass die neu gesetzten Weinberge in der Regel „raubmilbenfrei“ sind.

Ist im Durchschnitt mindestens eine Raubmilbe/Blatt vorhanden und wird eine raubmilbenschonende Spritzfolge praktiziert, kann in der Regel eine ausreichend starke Raubmilbenpopulation langfristig erhalten werden. Neu- oder Wiederbefall durch Spinnmilben wird so weitgehend verhindert. Von einer Begrünung oder Unkräutern können nach Mulchgängen oder Unterstockherbizidbehandlungen auch Bohnenspinnmilben auf die Rebe überwandern. In diesen Fällen kann ein raubmilbenschonendes Akarizid eingesetzt werden. Schwierigkeiten kann es auch geben, wenn plötzlich sehr viele Spinnmilben von einem stark befallenen Nachbarweinberg bei schwachem Raubmilbenbesatz überwandern.

Übertragung (Ansiedlung) von Raubmilben

Neu angepflanzte Reben sind vor allem in Flurbereinigungsgebieten durch Schadmilben und Thripse gefährdet, da sich hier noch keine neuen Raubmilben-Populationen aufgebaut haben. In Junganlagen können die Nützlinge durch Übertragung von 2-jährigem Schnittholz (Spenderholz) in der kalten Jahreszeit angesiedelt werden. Dazu werden aus den Bogruten des Spenderweinberges Holzstücke in der Größe von 3 bis 4 Internodien geschnitten (siehe Bild 1) und an den jungen Reben der Empfängeranlage befestigt (siehe Bild 2). Im Idealfall sollte jede Jungrebe bestückt werden, es genügt aber auch, bei einem guten Raubmilbenbesatz des Spenderholzes, jeden zweiten Rebstock zu besetzten. Zum Zeitpunkt des Austriebs im Frühjahr, wandern die am Altholz überwinternden Raubmilben (siehe Bild 3) auf die neu heranwachsende Blätter der Junganlage über.

Während der Vegetationsperiode ist es auch möglich die Nützlinge aus Raubmilben besetzten Weinbergen mit Ausbrechtrieben oder Gipfellaub in neu bepflanzte Rebanlagen anzusiedeln. Nach Untersuchungen des DLR Rheinpfalz ist diese Maßnahme schon im Pflanzjahr der Reben erfolgreich.

Einzelnachweise


Literaturverzeichnis

  • B. Altmayer, J. Eichhorn, B. Fader, A. Kortekamp, R. Ipach, U. Ipach, H.-P. Lipps, K.-J. Schirra, B. Ziegler (2013): Sachkunde im Pflanzenschutz (Weinbau). 8. überarbeitete Auflage. Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin. Neustadt an der Weinstraße.