Kernlosigkeit bei Tafeltrauben: Eine nützliche aber komplizierte Eigenschaft

Aus Vitipendium
(Weitergeleitet von Kernlosigkeit)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Flame Seedless

Tafeltrauben sollten bestenfalls keine Kerne haben, denn der Verbraucher wünscht dies, so zumindest die Meinung des Handels. Diese Eigenschaft wird in der Fachsprache auch als Parthenokarpie (ohne Kern) bezeichnet. So haben aktuell 40 % der Importtrauben keine Kerne. Dies gilt besonders für kleinbeerige Sorten wie die meist aus der Türkei stammende Sultaninas oder die weltweit stark angebaute Sorte „Flame Seedless“.

Ohne Kerne keine generative Vermehrung

Auch bei Verbraucherumfragen spielt die Kernlosigkeit eine Rolle. So lehnt eine hohe Verbraucherquote generell samenhaltige Trauben ab. Deutsche Tafeltrauben oder Esstrauben (Keltertrauben zum Direktverzehr geschnitten) haben es hier schwer, da sie meist kernhaltig sind. Dabei ist zu bedenken: Die Früchte der Weinrebe, die Weintrauben, haben von Natur aus Kerne bzw. Samen. Diese dienen der natürlichen Vermehrung durch Säuger, Vögel oder einfach durch Verrottung nicht geernteter Trauben. Bei allen Wildreben ist dies der natürliche Vermehrungsweg über weite Entfernungen, da traubenverzehrende Tiere die Kerne in der Regel nicht verdauen, sondern zumindest einen Teil der Kerne unversehrt wieder ausscheiden. Dies veranschaulicht sehr schön ein sich selbst überlassener, verrottender Tresterhaufen, an dessen Rändern junge Rebensämlinge meist massenhaft aufgehen. Eine natürliche Vermehrung in räumlich begrenztem Umfang ist zudem vegetativ über kriechende und wurzelnde Triebe möglich. Bestes Beispiel dafür sind verwilderte Unterlagenausschläge an Gebüschen, die sich wie Lianen emporranken und bei Bodenkontakt Wurzeln bilden. Aus Sicht der Reblaus-Problematik ist dies jedoch kein gern gesehenes Bild. Die Rebe verfügt also über verschiedene Wege der natürlichen Verbreitung und hat deswegen als kulturhistorisch „alte“ Wildpflanze auch Warmzeiten und Kältephasen in mannigfaltiger Form überstanden.

Bei der Kultivierung der Rebe verlor die Vermehrung über Kerne ihre Bedeutung, weil dadurch die Sortenechtheit abhandenkam. Die Vermehrung erfolgte – von Züchtung und Zufallssämlingen abgesehen – ausschließlich vegetativ durch Steckhölzer; in Zeiten der Reblaus adäquat durch Pfropfreben. Samen waren für den Fortpflanzungserfolg einer domestizierten Rebe daher kein Selektionskriterium mehr.

TT Beerengrößenvergleich kernloser Tafeltrauben Götz.jpg

Die ersten kernlosen Reben sind rein zufällig entstanden und wurden gezielt weiter vermehrt, da sie offenbar positive Eigenschaften inne hatten, die eine Weiterkultur rechtfertigten. So sind Rosinen und Korinthen schon seit dem Altertum bekannt. Sie werden aus der kernlosen hellschaligen Sultana-Traube, besser bekannt als „Thompson Seedless“ und der blauschaligen, ebenfalls kernloser kleinbeerigeren Korinthiakirebe (Schwarze Korinthe, benannt nach der griechischen Stadt Korinth) gewonnen. Traditionell im Mittelmeergebiet, weil hier sowohl günstige Bedingungen für die Rosinenproduktion durch natürliche Trocknung gegeben sind, als auch die Reben sehr reife Früchte und sichere Erträge liefern. „Rosinen“ ist der Sammelausdruck für getrocknete Weinbeeren, die in der Regel natürlich kernlos sind.


Nur Zibeben können auch Kerne enthalten, da diese früher traditionell als natürlicher Zuckerzusatz für bestimmte Weintypen dienten, vornehmlich in Ungarn dem Tokayer Ausbruchwein bei der Gärung zugesetzt wurden, um die Weine alkoholreicher und damit haltbarer zu machen. Rosinen mit Kernen waren wohl schon früh ein Qualitätsmakel, obwohl diese geschmacklich keinesfalls schlechter waren. Es störten jedoch die Kerne beim Verzehr und der Verarbeitung in Speisen, besonders die trockenen Kerne in Rosinen werden sehr hart. Hingegen spielen die Kerne bei der Weinproduktion kaum eine Rolle, da sie mit dem Trester als feste Masse zurückbleiben und beim Pressvorgang für eine gute Infiltration des Presskuchens sowie beim Aufscheitern sorgen. Die Gefahr, dass durch lange Maischegärzeiten unerwünschte Phenole ausgelaugt werden (besonders bei Spätburgunder), lässt sich durch schonende Verarbeitung und neuerdings durch spezielle Kernaustragungssysteme bei Maischegärbehältern gut vermeiden.
Daher kann die Kernlosigkeit als natürlicher Defekt angesehen werden, der in der traditionellen Auslesezüchtung Vorteile bei er Rosinen- und Tafeltraubenproduktion versprach. Auch bei anderem Beerenobst wie Erdbeeren, Himbeeren oder Heidelbeeren, wo die Kerne mitgegessen werden, spielt Kernarmut bei Tafelobstsorten eine wichtige Rolle. Gleiches gilt für Wassermelonen, bei denen in den letzten Jahren fast nur noch kernlose Sorten in den Handel kommen. Kerne sollen beim Verzehr in erster Linie nicht stören, nicht lästig beim Verzehr sein oder unappetitlichen Abfall darstellen, die aus dem Mund genommen werden müssen und neben dem Obstteller landen. Obwohl Traubenkerne beim Zerkauen weder bitter schmecken noch die Zähne beim Zerbeißen sonderlich belasten, also eigentlich problemlos von den meisten mitgegessen werden könnten, gelten sie vielfach als unerwünscht. Ganz zu schweigen davon, dass Traubenkerne wertvolle Inhaltsstoffe beinhalten. Sie werden und wurden als Rohstoff für die Speiseölproduktion verwendet (Traubenkernöl), haben zudem hohe Gehalte an ernährungsphysiologisch wichtigen Mineralstoffen, Spurenelemente, Vitaminen und vor allem Ballaststoffen. Gemahlene Traubenkerne (Traubenkernmehl) werden als Bindemittel in Kuchenmehle zugegeben.

In den Verbraucherwünschen nach „Convenience-Trauben“ steckt sicherlich ein Stück weit Bequemlichkeit und unkomplizierter Genuss. Lästig ist es, wenn sich Kernstücke zwischen Zähnen festsetzen. Besonders kleinere Kinder oder ältere Menschen mit eingeschränkter Kaufähigkeit klagen aber zu Recht. So gibt es Altenheime, die nur kernlose Trauben servieren, weil die anschließende Zahn- und Gebissreinigung zu zeit- und personalintensiv ist. Daher sollte es dem Anbauer schon gelegen sein, die Verbraucherwünsche anzuerkennen, auch wenn er ihnen vielleicht im Inneren widerspricht. Sonst überlässt er anderen Erzeugern, insbesondere der ausländischen Konkurrenz das Geschäft und verliert langfristig am Markt. Frei nach dem Motto: Der Kunde ist König.

Kernlosigkeit ist an die Sorte gebunden

Kerne lassen sich nicht einfach durch den Einsatz von Phytohormonen oder anderen künstlichen Substanzen wegspritzen. So trifft die landläufige Meinung, dass durch den Einsatz von Gibberellinsäure-Präparaten Trauben kernlos gemacht werden können, nicht zu. Vielmehr findet durch den Einsatz von Gibberellinsäure ein verstärktes Dickenwachstum der Beere statt, da der eigentlich von den Kernen ausgelöste Wachstumsschub der Beeren durch mehrmalige Spritzungen während des Beerenwachstums nachgeahmt wird. Diese sehr diffizile Behandlung muss exakt auf die Wuchsbedingungen und Sorten abgestimmt sein. Sie ist in großen Erzeugerländern zwar verbreitete Praxis, aber in Deutschland, wo die Tafeltraubenproduktion nur eine Nischenrolle einnimmt, nicht zulässig.

Bei Birnen wird nach einen Blütenfrost durch Einsatz von Gibberellinsäure verhindert, dass die geschädigten Früchte abfallen. Aus dem Blüteboden entstehen so noch Früchte, da dem Baum das Signal gegeben wird, dass eine übliche Befruchtung stattgefunden hat. Im Weinbau werden lediglich bei bestimmten Keltertraubensorten Gibberelline als Blütespritzung eingesetzt, um die Befruchtungsrate zu senken und so eine aufgelockerte Traubenstruktur zu erhalten. Die Kerne geben das Signal zum Beerenwachstum, indem sie natürlich gebildete Gibberelline ausschütten. Je mehr Kerne sich bilden, umso größer wird die Einzelbeere. Maximal können sich 4 Kerne in der Beere ausbilden.

Dem Winzer allseits bekannt, sind unbefruchtete Jungfernbeeren oder Honigbeeren, die durch ungünstige Blüte entstehen und sehr klein bleiben. Besonders die Sorten „Riesling“, „Traminer“ und „Huxelrebe“ neigen dazu. In manchen Jahren ist die Mehrzahl der Beeren klein und völlig kernlos. Sie reifen aus und werden sehr süß. Bei anderen Sorten wie „Regent“ oder „Cabernet Sauvignon“ bleiben sie hingegen grün und völlig unreif. So können sich witterungsbedingt durchaus viele kernlose Beeren bilden, dies ist jedoch entscheidend von den Blütebedingungen abhängig und nicht die Regel. Auch viruserkrankte Reben neigen verstärkt zu jungfernfrüchtigen Beeren, die dann erheblich ertragsmindernd sind. Die Kernlosigkeit bei bestimmten Tafeltrauben ist hingegen erblich festgelegt. Auch unter günstigen Wuchs- und Blühbedingung bleiben sie kernlos, da sie nicht mehr in der Lage sind, Samen zu bilden. Sie sind steril.

Ältere Sorten befriedigen nur bedingt

Leider sind die angestammten kernlosen Sorten für unser Klima wenig geeignet. Sultanina-Reben und Korinthen sind recht winterfrostanfällig und setzen nur unter günstigen Bedingungen Gescheine an. Meist sind nur die oberen (apikalen) Augen fruchtbar, so dass langes Holz angeschnitten werden muss, um überhaupt nennenswerte Erträge zu erzeugen. Zwar reifen beide Sorten unter günstigen Bedingungen noch gut aus, für eine Tafeltraubenproduktion sind der hohe Ausfall und die geringen Erträge aber nicht wirtschaftlich. Lediglich in Rebsortimenten, Lehrpfaden oder als Kuriosität im Garten (Hausrebstock) haben sie eine Berechtigung. Hinzu kommt, dass die Pilzempfindlichkeit (Echter Mehltau und Falscher Mehltau) sehr hoch ist und die Reben entsprechend intensiv behandelt werden müssten. Auch der Botrytis-Druck ist bei feuchter Herbstwitterung enorm. Somit ist die Züchtung gefragt, neue günstigere Sorten zu „kreieren“.

Die Eigenschaft „Kernlosigkeit“ ist daher für die Züchtung zum einen hochinteressant, zum anderen führt es in eine züchterische Sackgasse, da ohne Kerne dieser neuen Sorten keine weiteren neuen Sorten entstehen können. Insbesondere können nicht zwei kernlose Sorten miteinander gekreuzt werden. Dies macht es so schwierig, Geschmacks- und Resistenzeigenschaften mit dem Merkmal der Kernlosigkeit zu verbinden. Früher wurde daher als Pollenspender eine kernlose Sorte verwendet. Mit Glück war ein Teil der Nachkommenschaft kernlos mit positiven Eigenschaften (Reifezeit, Beerenfarbe, Fruchtgeschmack, Süße, Beerengröße, Beerenform etc.) der kernhaltigen Muttersorte.

Himrod - die Sorte zeigt ein deutliches "Drops-Aroma", was nicht allen Kunden zusagt. Sie ist daher eher eine Liebhabersorte für den Garten, da auch die Erträge unterschiedlich ausfallen.

Eine begrenzte Verbreitung haben erfolgreiche Einkreuzungen mit resistenten amerikanischen Sorten gefunden. Ähnlich wie bei der Züchtung pilzwiderstandsfähiger Keltersorten (PIWI-Züchtung) wurden gute Resistenzpartner mit den Blütenpollen von kernlosen Tafeltraubensorten gekreuzt. Die Sultana-Rebe wurde mit der sehr pilzfesten amerikanischen Hybride „Ontario“ bereits 1928 in den USA gezielt gekreuzt. Als Züchter wird A. Stout angegeben. Aus dieser Sämlingsselektion entstanden die Sorten „Himrod“, „Romulus“ und „Lakemont Seedless“. Alle vier Sorten wurden nach Städten oder Orten im Staat New York benannt. Alle Sorten haben zwar eine weitere Verbreitung gefunden, befriedigen aber im Beerengeschmack und der Beerenkonsistenz nicht die der kommerziellen Tafeltrauben. In Nordamerika wird aus den Sorten teilweise auch Wein erzeugt. Die Resistenzeigenschaften wurden zwar mit vererbt, aber nur in eingeschränkter Form. Das heißt, dass sich mit einem Anbau ganz ohne Pflanzenschutz keine befriedigende Traubenqualität erzielen lässt.

Vanessa - Die Sorte ist umkompliziert im Anbau, da sie als kernlose Sorte sehr pilztolerant und botrytisfest ist.

In Deutschland haben diese Sorten zwar ebenfalls etwas Fuß gefasst, dies war aber eher der Tatsache geschuldet, dass bislang keine alternativen kernlosen Sorten erhältlich waren, die mehr befriedigten. Auch der Hybridton (Himbeer- oder Erdbeernote, Lambruscageschmack) wurde in abgeschwächter Form auf die Züchtungen übertragen. Diese eher an Drops oder Fruchtgummi erinnernden Noten sind bei Tafeltrauben untypisch und führen zu einer raschen Sättigung. Auch die Beerenhaut erweist sich als zäh und etwas säuerlich. Ein weiteres Problem ist, dass die Beeren bei beginnender Reife leicht abfallen, sich also mitsamt dem Beerenstielchen von der Traube lösen. Gleiches geschieht beim Entnehmen, so dass vielfach der Beerenstiel getrennt abgezupft werden muss. Die Beerengröße ist auch für kernlose Tafeltrauben eher klein. Der Ertrag kann je nach Standort und Anschnitt sehr schwanken und mitunter hoch (Lakemont) ausfallen. Himrod erweist sich dagegen als wechselhafter Träger, mitunter können starke Verrieselungen einen Totalausfall bewirken. Die Reife ist bei Himrod mittelfrüh, bei Lakemont mittelspät. Für unsere Klimate ist die geringe Winterfrostfestigkeit eher ausschlaggebend, als die Traubenreife. Bei Temperaturen unter –12 °C kann es schon Augenausfälle geben, tiefere Temperaturen führen zu gravierenden Schäden am Stamm und den Ruten. Diese Eigenschaft ist maßgeblich durch die Sultana-Rebe geprägt, Lagen abseits der Weinbaugebiete scheiden somit aus. Bei Reife, in Verbindung mit hohem Wasserangebot, können die Beeren leicht aufplatzen und schnell verderben, auch Stiellähme ist ein Thema. Vögel und Wespen, die Hauptschädlinge reifender Beeren, sind hingegen auf diese Sorten nicht besonders fixiert. Offensichtlich liegt es an der zähen Beerenhaut. Die kernhaltige Sorte „Muskat bleu“ ist in dieser Hinsicht wesentlich attraktiver.

Weitere kernlose Americano-Sorten mit anderen Kreuzungspartnern stellen die rotschaligen Reben Suffolk Red und Vanessa dar, die häufig in Gartencentern als resistente kernlose Traubensorten vertrieben werden. Die Traubenqualität ist vergleichbar, die Erträge sind aber geringer. Oft verrieseln die Trauben stärker, die Beeren bleiben dann besonders klein. Die Sorte Vanessa hat aber durch die ihr Aussehen und geringe Fäulnisanfälligkeit durchaus auch Chancen im kommerziellen (Bio-)Anbau. Auch wenn die Beerenhaut etwas zäh ist, überzeugt die dezente Fruchtnote. Besonders Kinder lieben die süßen, kleinen kernlosen Beeren dieser Rosè-Sorte. Die dunkelschalige „Venus“ weist hingegen einen intensiven Erdbeergeschmack auf, der sich bei voller Reife auf ein tolerierbares Maß reduziert. Die formschöne, mittel bis große locker besetzte Traube mit runden, verhältnismäßig großen Beeren erweist sich als botrytis- und frostfest. Die innere Beerenkonsistenz ist aber etwas gallertig.

Qualitativ gute kernlose Sorten sind leider pilzanfälliger

Flame Seedless
Perlette

Nimmt man in Kauf, dass ein geregelter und intensiver Pflanzenschutz durchgeführt wird, so kommen weitere Sorten in Frage, die qualitativ als Tafeltrauben höher bewertet werden und unseren Klimaansprüchen doch recht gut genügen. Aber auch hier ist die eingeschränkte Winterfrostfestigkeit fast immer der begrenzende Faktor im Anbau. Sowohl vom Beerengeschmack als auch vom Fruchtfleisch (knackiger) und von der Beerenhaut (weicher und dünnhäutiger) überzeugen diese Sorten.

Die international angebaute Sorte Flame Seedless (rotschalig) hat aus ihrer Gruppe noch den höchsten Anbauwert. Die Beeren bleiben zwar kleiner als bei Importtrauben, reifen aber voll aus, da der Reifezeitpunkt recht früh ist. Die Beeren haben einen festen „Biss“, sind sehr süß und angenehm fruchtig im Geschmack. Die Struktur ist lockerbeerig, wobei das Traubengerüst ziemlich bruchempfindlich ist.

Weitere internationale Sorten sind Sublime Seedless und Suprior Seedless, die aber viel zu wenig Ertrag (Gescheine) ansetzen, so dass hier kein wirtschaftlicher Anbau möglich ist. Auch in Italien müssen sie auf langes Holz geschnitten werden, um genügend Ertrag zu liefern. Trotz großer Beeren (wohl die größten völlig kernlosen Beeren) und hoher Traubenqualität kombiniert mit früher Ausreife ist die Wirtschaftlichkeit hier nicht gegeben. Ansätze durch spezielle Schnittsysteme und weiten Stockabständen sind derzeit in Prüfung, so dass die Ertragssituation eventuell deutlich verbessert werden kann. Die Reben sind extrem starkwüchsig, so dass sich innerhalb von 10 Jahren baumdicke Stämme bilden können, falls kein Winterfrost diese schädigt.

Die Sorte Sugraone Seedless gilt international als eine der wertvollsten kernlosen Tafeltraubensorten. Hierzu liegen aber noch keinerlei Anbauergebnisse in Deutschland vor.

Die Sorte „Perlette“ bringt sehr schwere Trauben mit vielen Beeren hervor. Leider führt die kompakte Traubenstruktur aber zu frühzeitiger Fäulnis aus dem Inneren der Traube. Der Anbau kann daher nicht forciert werden.

Weitere aussichtsreiche Sorten kernarmer Tafeltrauben

Sorten mit größeren Beeren sind meist nicht völlig kernlos, haben aber weiche rudimentäre Scheinkerne, die beim Verzehr kaum wahrgenommen werden. Nur durch Beerenschnitte sind die Kerne gut erkennbar. Im botanischen Fachjargon wird dies als Stenospermokarpie bezeichnet. Aus Anbau- und Verbrauchersicht fallen sie aber ebenso in die Kategorie der kernlosen Sorten. Neuere Sorten mit größeren Beeren werden bereits von deutschen Rebveredlern angepriesen. Die Erfahrungen sind aber oft noch nicht ausreichend, um hier eine uneingeschränkte Anbauempfehlung abzugeben. Nach einem sehr positiven Jahr kann oft Ernüchterung erfolgen, da die Witterung einen großen Einfluss auf Ertrag und Qualität hat. Mindestens fünf ausgewertete Versuchsjahre sind erforderlich, um eine gewisse Konstanz der Aussagen treffen zu können und Schwachstellen aufzudecken. Ein Anbau ist daher vorerst im begrenzten Umfang erstrebenswert, erst nach guten Erfahrungen sollte die jeweilige Sorte in größerem Umfang gepflanzt werden. Wenn keine Beerenfarbe angegeben wird, sind die Beeren hellschalig, da dies vom Verbraucher bevorzugt wird (keine auffälligen Flecken an Kleidung oder Tischdecken). Zu nennen, wären die Sorten Tonia, die vergleichbar große Beeren entwickelt, welche bei guter Reife süß und fruchtig (dezenter Muskatgeschmack) werden. Bei Verkostungen hat die Sorte oft hervorragend abgeschnitten, nicht genügend reife Beeren sind jedoch wässrig und geschmacksarm. Erforderlich für optimale Traubenqualität ist eine Überdachung (Foliendach). Leider lässt die geringe Frostfestigkeit des Holzes und Ertragstreue doch zu wünschen übrig.

  • Die rotschalige Sorte Rhea hat auffällig spitzovale Beeren von mittlerer Größe. Durch die späte Ausreife (die Färbung ist viel früher) ist der Anbau nur an geschützten Standorten sinnvoll, wo sie gut ausreifen kann. Die Traube ist sehr Peronospora (Falscher Mehltau) empfindlich, auch noch bei fortgeschrittener Beerenentwicklung. Diese Nachteile schränken die Anbauwürdigkeit der eigentlich sehr formschönen Traube wesentlich ein.
  • Evita ist eine sehr junge Züchtung, die kugelförmige, mittelgroße und sehr knackige Beeren entwickelt. Sie weist eine fruchtige Muskatnote auf, die weichen Kerne sind beim Verzehr kaum wahrnehmbar. Reifezeit ist ab Anfang September, die Lageansprüche sind mittel. Bei Reife unter nasser Witterung ist jedoch die Fäulnisempfindlichkeit recht hoch, so dass generell ein Regenschutz anzuraten ist.
  • Eine sehr frühe Sorte ist Primus, die etwas längliche Beeren aufweist. Diese sind unterschiedlich groß, die großen weisen weiche Scheinkerne auf. Die Fruchtfleischkonsistenz hat auch bei hoher Reife noch viel Biss und das Aroma ist sehr fruchtig mit einer angenehmen Fruchtsäure. Die Sorte hat eine erhöhte Pilzfestigkeit und das Holz reift gut aus. Die Erträge konnten bisher befriedigen, gerade die frühe Reife macht sie für den Anbau sehr wertvoll. Ein Wespenschutz ist aber unbedingt notwendig.
  • Die Sorte Millennium bildet recht große Beeren und schwere Trauben. Die Scheinkerne fallen nicht weiter auf. Bisher liegen noch wenige Erfahrungen im kommerziellen Anbau vor, die Sorteneigenschaften klingen aber sehr vielversprechend.
  • Die Sorte Artemis hat spitzovale Beeren, die kompakt am Gerüst angeordnet sind. Optisch ist sie attraktiv, jedoch kann Fäulnis rasch um sich greifen. Bleibt sie gesund, so kann sie lange hängen, da die Beerenschale recht fest ist und die Beeren auch im Lager lange halten. Bei Reife werden besonnte Beeren leicht rötlich.
  • Sehr neu sind die Sorten Moritz, eine blaue, sehr großbeerige und kernarme Sorte, die spät ausreift.
  • Die Sorte Luis hat ebenfalls blaue Beeren, die kleiner und kernlos sind. Der Reifezeitraum liegt zwischen September und Oktober.
  • Rote Beeren weisen die Sorten Heike und Anja auf. Heike reift früher, bereits Anfang September, und hat süße runde Beeren. Anja ist hingegen oval in der Beerenform und kann bis in den Oktober geschnitten werden. Die Holzreife ist gut, der Wuchs aufrecht.
  • Eine hohe optische Attraktivität besitzt die Sorte Christine. Die großen, weiß-rötlichen Beeren haben im Verhältnis dazu kleine und weiche Kerne. Bei hoher Sonnenstrahlung ist die Gefahr von Verbrennungen oder starker Pigmentierung recht hoch, so dass ein Anbau unter dem Schutzdach nicht nur als Schutzmaßnahme sondern auch zur Qualitätssteigerung dient. Hohe Erträge sichern die Wirtschaftlichkeit. Die späte Ausreife begrenzt aber die Standortwahl.

Besonders die Sorten mit weichen Scheinkernen bieten einen guten Kompromiss zwischen Geschmack, Beerengröße, nicht störender Kerne, ausreichender Holzreife und guten Erträgen. Die Pilz- und Botrytis-Festigkeit ist gegenüber völlig kernlosen Sorten meist günstiger. Hier wird sicherlich der Anbauschwerpunkt in den nächsten Jahren liegen. Welche Sorten aus dieser Gruppe eine hohe Marktfähigkeit erhalten, lässt sich augenblicklich noch nicht abschätzen. Auf alle Fälle sind sie den Vorläufern wie „Himrod“ oder „Lakemont Seedless“ deutlich überlegen. Rebschulen mit den jeweiligen Sorten können beim Autor erfragt werden. Pflanzgut ist derzeit aber noch sehr knapp.

Einzelnachweise

Literatur

  • Götz, G. (2013): Kernlosigkeit bei Tafeltrauben: Eine nützliche aber komplizierte Eigenschaft. Abteilung Weinbau & Oenologie (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.