Hefelager

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Anmerkung der Autorin: Dieser Artikel wurde von Schülern der Winzer F II c (Berufsschule für Weinbau am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz) im Rahmen des Kellerwirtschaft-Unterrichts verfasst.

Beim Hefelager unterscheidet man die Lagerung auf der Vollhefe (nach der Gärung) von der Lagerung auf der Feinhefe (nach dem 1. Abstich).

Zweck des ersten Abstichs

Beim ersten Abstich wird der Wein von der Vollhefe, Trub und Fruchtfleischteilchen getrennt. Diese liegen als dickes Depot auf dem Boden des Fasses vor. Zudem wird beim Abstich eine kleine Menge Kohlensäure aus dem Jungwein freigesetzt. Dadurch wirken die Weine in der Säure weicher.
Weitere Gründe für einen Abstich von der Vollhefe:

- Unterbrechung der alkoholischen Gärung

- Stabilisierung des Weines

- Entfernung und Vorbeugung von unreinen Geruchsstoffen (Böckser)

Es ist zu beachten, dass mit dem ersten Abstich die Reduktivität der Hefe verloren geht, womit eine SO2-Gabe notwendig wird.

Zeitpunkt

Grundsätzlich gibt es keinen festen Zeitpunkt für den ersten Abstich, denn jeder Jungwein hat seinen eigenen Werdegang. D.h. der Wein muss unter ständiger Beobachtung (Verkostung) stehen, damit die Zeitdauer des Hefelagers dem Weinstil angepasst werden kann. Nach dem 1. Abstich wird das Hefelager als Feinhefe bezeichnet.
Kleine Orientierungspunkte:

- Je schärfer die Mostvorklärung, desto eher kann das Hefelager verlängert werden.

- Für trockene Weine darf der Wein nicht vor Gärende von der Hefe getrennt werden.

Hefelager bei faulem Lesegut

Tabelle Dauer Hefelager

Bei belastetem und nicht optimal vorgeklärten Lesegut besteht das Hefelager hauptsächlich aus unerwünschten Trubstoffen. Der Jungwein ist in diesem Fall möglichst schnell von der Hefe zu trennen, um einer Böckserbildung und dumpfen Geschmacksnoten vorzubeugen.

Traditionell erfolgt nach der „ersten Winterkälte“ (Empfehlung: frühestens 6 Wochen nach 1.Abstich) ein zweiter Abstich von der Feinhefe. Diese verleiht dem Jungwein zusätzliche Frische und wirkt reduktiv. Hierbei wird zusätzlich ausgefällter Weinstein entfernt. Im Anschluss folgt meistens eine Filtration.


(Artikel in Wikipedia zur Sensorik)

Früher Abstich aus Vermarktungsgründen

Manchmal ist ein früher Abstich wegen hoher Nachfrage oder ernteschwachen Vorjahren notwendig um Frühfüllungen zu ermöglichen.

Biochemischer Hintergrund

Bei abgestorbenen Hefen des Hefelagers tritt der Prozess der „Selbstverdauung“ ein. Dieser Vorgang nennt sich „Autolyse der Hefe“. Hierbei wird die tote Hefezelle enzymatisch aufgelöst, wobei Kolloide sowie Reduktionsenzyme in den Wein freigesetzt werden. Im Allgemeinen bezeichnet werden Kolloide als kleinste Teilchen, die in einem anderen Stoff verteilt sind. Bei der Autolyse sind das einerseits Mannoproteine, andererseits Glucane. Enzymatisch werden die Mannoproteine wiederum gespalten in Mannane und Aminosäuren. Die Mannane zählen wie die Glucane zu den Polysacchariden, die für die Dichte und Struktur verantwortlich sind: das sogenannte Mundgefühl. Die Aminosäuren dagegen verändern die Aromatik des Weines bei der Autolyse hin zu den typischen Butter- und Gebäcknoten. Werden durch ein ausgeprägtes Hefegeläger viele Kolloide aus den toten Hefen freigesetzt, verschlechtert sich die Filtrierbarkeit des Weines nicht unerheblich [1]. Die freigesetzten Reduktionsenzyme erhöhen die Reduktivität des Weines, weshalb sich die SO2-Gabe herauszögern lässt. Kristallisationshemmende, weineigene Substanzen, wie z.B. Mannoproteine und andere Kolloide, verzögern die Weinsteinbildung. Die bei der Autolyse der Hefe entstehenden Produkte bilden für die Bakterien des biologischen Säureabbaus eine Nährstoffgrundlage. Folglich erhöht sich durch ein intensives Hefelager das Risiko eines biologischen Säureabbaus. Dieses Risiko kann man durch eine ausreichende SO2-Gabe verringern.

Sensorischer Einfluss

Mit dem Abstich stellt der Winzer die Weichen für die Charakteristik seines Weines. Der Zeitpunkt ist dabei ausschlaggebend, da dieser die für das Mouthfeeling (Mundgefühl) wichtige Autolyse nahezu beendet. Liegt der Wein lange auf dem gesunden Hefelager, bilden sich nach und nach die Fruchtaromen zurück und er gewinnt gleichzeitig an Cremigkeit sowie Hefe- und Kräuteraromen. Wird die Hefe zusätzlich noch aufgerührt (batonniert), verstärken sich diese Effekte und der biologische Säureabbau (BSA) wird (ohne ausreichende SO2-Gabe) angekurbelt. Ein langes Hefelager verbessert zudem die Lagerfähigkeit von Weinen. Ein kurzes Hefelager fördert fruchtige Aromen und kann einem biologischen Säureabbau vorbeugen. Vor dem Entschluss zu einem Hefelager sollte der Winzer eine Probe aus dem Restablauf ziehen und das Hefedepot sensorisch auf Fehltöne verkosten, da sich dieses bei längerem Hefelager oder sogar Batonnage der Hefe auf den Wein übertragen.

Quellen

Weinbaulicher und Kellerwirtschaftlicher Informationsservice des DLR RLP Nr.15 Oktober 2014

„Abstechen und Abziehen von Weinen“ Prof. Dr. Monika Christmann (Forschungsanstalt Geisenheim)

Artikel in Wikipedia zu Abstich

http://www.dlr.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/se_quick/CFABCD32CE5C2DCCC12572CD0051726A?OpenDocument