Grüngut- / Holzhäckselabdeckung im Weinbau – Nutzen und neue rechtliche Regelung

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Holzhäckselabdeckung in einer Rebanlage

Grüngut und vor allem unverrottetes, grobes Holzhäcksel ist ideal als Abdeckungsmaterial von Rebgassen zur Erosionsminderung und Verbesserung des Wasserhaushaltes geeignet.

Vorteile beim Einsatz von Grüngut/Holzhäcksel zur Bodenabdeckung

Solche Materialien bieten einen Verdunstungsschutz und insbesondere eine deutlich verbesserte Infiltration von Niederschlagswasser in Hang- und Steillagen. Grob geschreddertes Grüngut/Holzhäcksel ist deshalb extrem Erosion mindernd und in noch im Direktzug bewirtschafteten Steillagen weniger störanfällig als eine Dauerbegrünung. Bei letzterer kommt es durch den Schlupf der Schlepperreifen verstärkt zu Spurrillen, welche sich durch ablaufendes Niederschlagswasser tief ausspülen können. Die verbesserte Infiltration von Niederschlägen und die Tatsache, dass ein solches Abdeckungsmaterial im Gegensatz zu einer Begrünung selbst kein Wasser verbraucht, sorgen besonders auf trockenstressgefährdeten Hang- und Steillagen zu einer deutlich verbesserten Wasserversorgung der Reben und können oftmals eine Tropfbewässerungsanlage ersetzen. Eine Bodenabdeckung auf Trockenstandorten ist so in der Lage, die Wuchskraft der Reben deutlich zu steigern, führt zu einer höheren bzw. gesicherten Ertragsleistung, einer späteren Seneszenz (Laubvergilbung) und einer Mostgewichtssteigerung in Trockenjahren bis zu etwa 10° Oe.

Um die erhöhte Wuchskraft und den Ertrag steigernden Effekt mit allen möglichen negativen Folgen (Fäulnis, mangelnde physiologische Reife) zu zügeln und die Abdeckung bei begrenzter Auflagemenge möglichst lange zu erhalten, muss deren Abbau und die Nährstofffreisetzung gering gehalten werden. Aus diesem Grund ist möglichst grobes, nährstoffarmes, verholztes Material am besten geeignet. Bei zu feinem Material erfolgt ein beschleunigter Abbau (die begrenzte Aufbringungsmenge hält den Zeitraum bis zur nächst möglichen Aufbringung nicht durch) und eine erhöhte Nährstofffreisetzung, mit der Folge von übermäßigem Wuchs und erhöhtem Fäulnisrisiko.

Novellierte Bioabfallverordnung: Verschärfte Anforderungen an Behandlungs-, Untersuchungs- und Meldepflichten

Die Aufbringung von Bioabfällen, zu welchen auch Grüngut/Holzhäcksel zählen, wird durch mehrere Verordnungen geregelt. Die Bioabfallverordnung (BioAbfV) regelt u.a. die Verwertung dieser Stoffe zum Zwecke der Düngung sowie deren Behandlung und Untersuchung. Die Düngemittelverordnung (DüMV) regelt v.a. das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln. Letztendlich unterliegt das Grüngut/Holzhäcksel noch der Düngeverordnung (DüV), welche die gute fachliche Praxis bei der Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf landwirtschaftlich genutzten Flächen regelt.

Mit der 2012 novellierten BioAbfV haben sich die Vorschriften zur Verwertung von Grüngut bzw. Holzhäcksel grundlegend geändert. Demnach darf dieses vorteilhafte Material, welches häufig von kommunalen Schredderplätzen in regionaler Nähe kostenlos/kostengünstig bezogen wurde, so nicht mehr eingesetzt werden. War Grüngut/Holzhäcksel bisher von Behandlungs- und Untersuchungspflichten ausgenommen, ist nun eine hygienisierende Behandlung (z.B. Kompostierung) wie für viele andere Bioabfälle vorgeschrieben. Eine solche Behandlung können die Kommunen i.d.R. nicht leisten. Hierzu sind nur Kompostwerke in der Lage. Weiterhin sind entsprechend der BioAbfV holzige Materialien im Rahmen der Kompostierung so zu zerkleinern oder abzusieben, dass keine stückigen Materialien über 40 mm (Siebmaschenweite) enthalten sind. Der Hintergrund dieser Regelung liegt darin, dass grobe, holzige Materialien keine düngende Wirkung haben und grundsätzlich der thermischen Verwertung zugeführt werden sollen. Entsprechend der Düngemittelverordnung (DüMV) müssen zur Düngung bestimmte Bioabfälle so zerkleinert werden, dass mind. 90 % der Stücke durch ein Sieb mit einer lichten Maschenweite von 20 mm gehen, also max. 10 % größer als 20 mm sein dürfen. Ausgenommen hiervon sind u.a. Bodenhilfsstoffe, deren spezieller Anwendungszweck eine gröbere Struktur erfordert.
Neu ist laut BioAbfV auch eine Bodenuntersuchungspflicht auf Schwermetalle und den pH-Wert bei der erstmaligen Aufbringung auf einer landwirtschaftlichen Fläche, es sei denn, das Material stammt von Anlagen, welche Mitglied eines Trägers einer regelmäßigen Güteüberwachung (z.B. Gütegemeinschaft Kompost) und nach § 11 Abs. 3 BioAbfV von bestimmten Nachweispflichten befreit sind. Mit der novellierten BioAbfV ist auch eine detaillierte Meldung (Lieferscheinverfahren) jeder Aufbringung der zuständigen Behörde sowie der zuständigen landwirtschaftlichen Fachbehörde (in Rheinland-Pfalz der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord bzw. Süd sowie der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion) zu übersenden. Ausnahmen sind für Material, das von Anlagen stammt, welche Mitglied eines Trägers einer regelmäßigen Güteüberwachung sind, möglich. Die Angaben sind dann vom Bewirtschafter nur zu dokumentieren und die Dokumentation der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.
Die Aufbringungsmenge ist entsprechend der BioAbfV auf maximal 30 t Trockensubstanz pro ha für einen Zeitraum von 3 Jahren begrenzt. Entsprechend der DüV richtet sich die maximale Aufbringungsmenge nach der mit dem Material verabreichten Nährstofffracht; v.a. nach dem N-Gehalt des Materials. Diesbezüglich darf mit einer Gabe maximal der 3-Jahresbedarf an pflanzenverfügbarem Stickstoff pro Hektar für einen Zeitraum von 3 Jahren ausgebracht werden. Dabei wird ein N-Ausnutzungsgrad von 50 % angenommen, d.h. es wird davon ausgegangen, dass nur die Hälfte des enthaltenen Gesamtstickstoffs in diesem Zeitraum pflanzenverfügbar wird.

Die BioAbfV sieht nur unter bestimmten Vorraussetzungen in Einzelfällen Ausnahmen von diesen neuen Regelungen vor. So kann die zuständige Behörde im Einvernehmen mit der landwirtschaftlichen Fachbehörde (in Rheinland-Pfalz: Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord bzw. Süd sowie Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion) eine Freistellung von Behandlungs- und Untersuchungspflichten erteilen.

Umsetzung der Rechtslage in Rheinland-Pfalz

Entsprechend der BioAbfV behandeltes Grüngut/Holzhäcksel ist als Abdeckungsmaterial im Weinbau zum Zwecke des Erosionsschutzes und der Wasserhaushaltsverbesserung nur noch wenig geeignet. Das kompostierte und zerkleinerte Material wird zu schnell abgebaut, liefert eine zu hohe Nährstofffracht und ist weniger Erosion mindernd. Zudem ist dieses Material kostenintensiver und i.d.R. nicht mehr lokal auf kurzen Wegen zu beziehen.

Nicht zuletzt aufgrund langjähriger Versuchsergebnisse, welche die hervorragende Eignung von grobem, unbehandeltem Holzhäcksel zum Zwecke der Erosionsminderung und Wasserhaushaltsverbesserung im Weinbau bestätigen, wurde in Rheinland-Pfalz eine (nicht auf einzelnen Ausnahmegenehmigungen basierende) Umsetzung der beschriebenen rechtlichen Regelung ermöglicht, welche unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin eine Aufbringung von grobem unbehandeltem Grüngut/Holzhäcksel gewährleistet. Demnach ist unbehandeltes, grobes Grüngut/Holzhäcksel, welches aus stückigem Material > 40 mm besteht, als Bodenabdeckung zum Zwecke des Erosionsschutzes (in Hanglagen) und/oder zur Wasserhaushaltsbegünstigung (auch in Flachlagen) geeignet. Abgesehen von der langfristig wirksamen Humusbildung ist davon auszugehen, dass die Holzteile über 40 mm keine Düngewirkung (kurz und mittelfristig) haben. Damit nicht von einer Düngewirkung ausgegangen werden kann, muss das Material also möglichst vollständig aus Stücken > 40 mm bestehen. Es ist aus verschiedenen Gründen sicherlich unvermeidbar, dass hierbei auch kleinere Bruchstücke und Stäube enthalten sind. Optisch muss aber klar erkennbar sein, dass es sich bei dem aufgebrachten Material eindeutig um die Stückgrößen > 40 mm handelt. Die Anwendung eines solchen Materials mit der Zweckbestimmung Erosionsschutz und/oder Wasserhaushaltsverbesserung stellt dann keine Düngung dar. Die BioAbfV regelt aber nur die Verwendung von Bioabfällen, welche zur Düngung bestimmt sind. Somit unterliegt organisches Material dieser Funktion und Beschaffenheit nicht der BioAbfV. Es entfallen deshalb alle darin enthaltene Regelungen (Behandlungs- und Untersuchungspflichten, Melde- und Dokumentationspflichten, max. Aufbringungsmengen, ….).

Das grobe, unbehandelte Grüngut/Holzhäcksel wird vielmehr als Bodenhilfsstoff (Erosionsschutz, Wasserhauhaltsverbesserung) definiert und in dieser Funktion und Beschaffenheit nach den Vorgaben der DüMV bei der Abgabe des Materials gekennzeichnet.
Als Bodenhilfsstoff unterliegt das Material bei der Anwendung auf weinbaulich genutzten Flächen im Prinzip der DüV. Demnach sind die mit dem Grüngut/Holzhäcksel aufgebrachten Nährstoffmengen (Prüfzeugnis, Richtwerte) nach den Vorgaben der DüV zu berücksichtigen. Eine sachgerechte Auflagestärke der Bodenabdeckung wird aber aufgrund der vergleichsweise geringen N-Gehalte von grobem, unbehandeltem Holzhäcksel (normalerweise weit unter 1 % in der Trockenmasse) in der Regel nach der DüV nicht eingeschränkt.

Die folgende Darstellung soll die Verwendung von Grüngut / Holzhäcksel in Rheinland-Pfalz verdeutlichen.


Übersicht Holzhäckselabdeckung Prior.jpg

Fazit

Somit wurde in Rheinland-Pfalz eine Auslegung der rechtlichen Vorgaben zur Aufbringung von Grüngut/Holzhäcksel geschaffen, welche unter konkreten Anforderungen an die Materialstückgröße (> 40 mm) und den Verwendungszweck (Bodenabdeckung zum Erosionschutz und zur Wasserhaushaltsverbesserung) deren Aufbringung in unbehandelter Form weiterhin ermöglicht. Unbehandeltes Grüngut/Holzhäcksel wie es in der Vergangenheit ausgebracht wurde, genügt in den meisten Fällen nicht mehr den Anforderungen. Die Möglichkeit der Ausbringung von grobem, unbehandeltem Grüngut/Holzhäcksel sollte keinesfalls missbraucht werden. Das Material ist nur zum Zwecke der Bodenabdeckung (Erosionsschutz und Wasserhaushaltsverbesserung) und nicht zur Einarbeitung bestimmt.

Weblinks

Einzelnachweise


Literaturverzeichnis

  • Prior, B. (2014): Grüngut- / Holzhäckselabdeckung im Weinbau– Nutzen und neue rechtliche Regelung. Abteilung Weinbau, Oenologie & Weinmarkt (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Oppenheim.