Schwarzholzkrankheit

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Schwarzholzkrankheit
Candidatus Phytoplasma solani [1]
Synonyme
Bois noir, black wood of grapevine
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typische Blattsymptome der Schwarzholzkrankheit an Cabernet Dorsa
Systematik
Abteilung Firmicutes
Klasse Mollicutes
Ordnung Acholeplasmatales
Familie Acholeplasmataceae
Gattung Candidatus Phytoplasma

Die Schwarzholzkrankheit (Bois noir) gehört zur Gruppe der Vergilbungskrankheiten der Rebe. Als Erreger dieser in allen Weinbauregionen der Welt auftretenden Krankheiten wurden verschiedene zellwandlose Bakterien, die so genannten Phytoplasmen, identifiziert. Diese parasitischen Organismen sind auf lebende Wirtszellen angewiesen und leben in den Saftleitbahnen ihrer Wirtspflanzen. Die verschiedenen Krankheitssymptome werden durch Schädigung der Leitbahnen und Bildung von Phytohormonen hervorgerufen. Die Erreger der Schwarzholzkrankheit gehören zur Stolbur-Gruppe, die sich molekularbiologisch in die drei Typen tuf-type a, b und c aufspaltet. Diese Krankheit ist in Deutschland seit Ende der 60iger Jahren bekannt. Sie hat aber erst seit dem Jahrhundertwechsel durch das verstärkte Auftreten speziell an Mosel, Mittelrhein und Württemberg für erhebliche Unruhe bei den betroffenen Winzern gesorgt.

Symptome der Schwarzholzkrankheit

Infizierte Reben können an allen grünen Pflanzenteilen Symptome entwickeln. Wichtig für die Diagnose ist die Kombination der Symptome an Blättern, Trieben und Trauben, da einzelne Symptome auch von anderen Krankheiten und Schädlingen hervorgerufen werden können.

  • Je nach Rebsorte rollen sich die Blätter nach unten ein und werden spröde.
  • Die Vergilbung beziehungsweise Rotverfärbung der Blattspreite beginnt an den Blattadern und breitet sich langsam aus. Entlang der Blattadern entstehen cremefarbene Flecke, die später nekrotisieren. Typisch für schwarzholzkranke Reben ist, dass nicht alle Triebe eines Stockes Symptome aufweisen, sondern einige gesund erscheinen.
  • Symptomatische Triebe sind oft rötlich oder bläulich überlaufen und zeigen je nach Rebsorte reihenweise angeordnete schwarze Pusteln.
  • Befallene Triebe verholzen meist nur unvollständig oder gar nicht, sterben im Winter ab und verfärben sich dann schwarz, daher kommt auch der Name der Krankheit.
  • Je nach dem jahreszeitlichen Auftreten der Symptome vertrocknen die Gescheine oder die Trauben welken und die Beeren fallen ab. Verbleibende Beeren haben einen unangenehmen, sauren und bitteren Geschmack. Befallene Trauben sollten nicht ins Lesegut gelangen, da es zu Fehltönen im Wein kommen kann.

Die Symptomentwicklung wird stark von der Witterung beeinflusst. Bei trockenem, warmem Wetter zeigen sich die Symptome relativ früh und entwickeln sich bis zum Spätsommer sehr deutlich. Bei nass-kaltem Wetter bleiben die Symptome oft undeutlich. Kranke Stöcke können genesen oder aber sie werden zunehmend kümmerlicher und sterben schließlich ab.

Bisher ist keine Ertragsrebsorte bekannt, die nicht von Phytoplasmen infiziert werden kann. Die Sorten zeigen aber eine unterschiedlich starke Symptomausprägung. Besonders an Riesling, Kerner, Scheurebe, Chardonnay, Dornfelder und Lemberger sind die Symptome sehr deutlich sichtbar. Viele Unterlagssorten hingegen zeigen nur unklare oder gar keine Symptome.

Übertragung

Die Erreger der Schwarzholzkrankheit können sich nicht aktiv ausbreiten, sie werden auch nicht durch Schnittwerkzeuge verbreitet. Da sie aber in den Saftleitbahnen der Rebe leben, sind sie durch Pfropfung übertragbar, wobei die Anwuchs- und Austriebraten allerdings geringer sind als bei gesunden Veredlungspartnern. Vergilbungskranke Reben sollten auf jeden Fall von der Vermehrung ausgeschlossen werden. In betroffenen Gebieten wurde als natürlicher Überträger (Vektor) der Schwarzholzkrankheit die Winden-Glasflügelzikade Hyalesthes obsoletus identifiziert[2]. H. obsoletus ist eine südeuropäische, wärmeliebende Zikade, die zurzeit in Deutschland ihre nördliche Verbreitungsgrenze hat. Ihre Hauptwirtspflanzen sind die Große Brennnessel und Ackerwinde, die beide gleichzeitig auch Wirtspflanzen für die Erreger sind, wobei in der Brennnessel ausschließlich Stolbur tuf-type a und in der Ackerwinde Stolbur tuf-type b gefunden werden. Beide Pflanzenarten spielen damit als Infektionsquelle für die Überträger eine große Rolle. Die Entwicklung der Zikadenlarven erfolgt im Boden, wobei die Larven an den Wurzeln der Wirtspflanzen saugen. Für H. obsoletus ist die Rebe keine Wirtspflanze, sie wird nur gelegentlich bei der Suche nach neuen Nahrungsquellen angestochen und kann dabei infiziert werden. Die Zikaden selbst können sich an der Rebe nicht infizieren. Von kranken Reben im Bestand geht deshalb nach derzeitigem Kenntnisstand keine Gefahr für die Nachbarreben aus.
Im Jahr 2014 konnte in Serbien die Zikade Reptalus panzeri als weiterer natürlicher Überträger für die Schwarzholzkrankheit experimentell bestätigt werden [3]. Diese Zikade wurde im deutschen Weinbau bisher an vier Standorten an Mittelrhein und Mosel nachgewiesen. Die zuverlässige Bedeutung von R. panzeri als potentieller Stolbur-Vektor in Deutschland steht aber noch aus [4].

Bekämpfungsmöglichkeiten

Die Schwarzholzkrankheit kann sich nicht von Rebe zu Rebe ausbreiten oder übertragen werden. Von kranken Stöcken geht keine Gefahr für die Nachbarstöcke aus, deshalb muss Schnittgut nicht verbrannt werden und kann im Weinberg verbleiben. Die Krankheit kann nicht direkt in der Rebe bekämpft werden, auch eine Insektizidbehandlung zur direkten Bekämpfung der Larven und der erwachsenen Zikaden ist auf Grund ihrer Lebensweise nicht möglich. Deshalb kann im Moment nur mit folgenden kulturtechnischen Maßnahmen versucht werden, eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern:

  • gegen die Erreger in der Rebe
- sofortiges Entfernen aller symptomtragenden Teile (Sommerschnitt)
- an kranken Reben, die nur teilweise Symptome zeigen, vollständige Entfernung der Bögen mit kranken Trieben, kranke Stöcke können dann unter Umständen wieder genesen
  • gegen den Überträger Hyalesthes obsoletus
- keine Tolerierung speziell von Brennnesseln und Ackerwinden im Weinberg, denn diese sind Wirtspflanzen
- mechanische oder chemische Entfernung der Wurzeln dieser Pflanzen im Wein-berg
  • gegen Brennnesseln an Weinbergsrändern
- während der Flugphase der Zikaden (Juni – August) keine Brennnesselbekämpfung, das Abmähen oder Abmulchen verstärkt nur den Infektionsdruck auf die angrenzenden Reben
- wenn möglich, mechanische Entfernung der Wurzeln
- Herbizideinsatz ist nur in begründeten Fällen durch eine Sondergenehmigung der für Rheinland-Pfalz zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier möglich
  • Bracheflächen und Junganlagen
- bieten günstige Bedingungen für die Wirtspflanzen der Zikaden, deshalb sollte für eine gute Brennnessel- und Windenbekämpfung gesorgt werden
- wenn möglich, Einsaat einer flächendeckenden Begrünung zur Unterdrückung der Brennnesseln und Ackerwinden

Mehrjährige Rückschnittversuche [5] haben gezeigt, dass die Reben nur bei einem Totalrückschnitt eine Chance zur Gesundung haben [6].

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Symptomausprägung bei der Schwarzholzkrankheit wird stark von der Rebsorte, der Witterung und den Kulturmaßnahmen beeinflusst, deshalb ist ein Vergleich zwischen den verschiedenen Weinbauregionen schwierig. In den besonders stark befallenen Gebieten an Mosel und Mittelrhein, in denen bevorzugt Stolbur tuf-type b mit der Ackerwinde als Hauptinfektionsquelle auftritt, traten Ertragsverluste von bis zu 50 % auf. Hier hat sich die Lage allerdings nach einem Höhepunkt der Krankheit im Jahr 1997 mittlerweile etwas entspannt und der Prozentsatz kranker Reben stagniert auf einem niedrigeren Niveau. In Württemberg hingegen tritt in den bis zu 70 % kranken Lemberger-Anlagen nach Untersuchungen der BBA in Bernkastel und der LVWO in Weinsberg fast ausschließlich Stolbur tuf-type a auf, der sogenannten Brennnessel-Typ. Ob es sich dabei um einen aggressiveren Erregertypen handelt oder der Lemberger nur besonders anfällig ist, bleibt abzuwarten. Beobachtungen in der Pfalz haben gezeigt, dass auch hier die Schwarzholzkrankheit verbreitet ist und speziell in den letzten Jahren war eine Zunahme symptomtragender Stöcke festzustellen. In betroffenen Anlagen liegt aber der Anteil kranker Reben noch auf sehr niedrigem Niveau bei etwa 3-4 %. Es zeigte sich, dass auch in der Pfalz neben dem Ackerwinden-Typ des Erregers (Stolbur tuf-type b) auch der Brennnessel-Typ (Stolbur tuf-type a) weit verbreitet ist. Auf jeden Fall gefährdet durch diese Krankheit sind Junganlagen, die noch nicht genügend Holz für einen guten Neuaustrieb im folgenden Jahr besitzen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. EPPO - EPPT: Plant Protection Thesaurus
  2. Maixner, M. (1994): Transmission of german grapevine yellows (Vergilbungskrankheit) by the planthopper Hyalesthes obsoletus (Auchenorrhyncha: Cixiidae). Vitis, 103-104
  3. Cvrkovic, T. et al. (2014): Experimental and molecular evidence of Reptalus panzeri as a natural vector of bois noir, Plant Pathol. (63), 42-53
  4. Lang, F. et al. (2014): Auftreten von Reptalus panzeri in Weinbausteillagen und Bedeutung der Zikade als Phytoplasmavektor, Julius-Kühn-Archiv, 447, 145-146
  5. Ipach, U., Kling, L. & B. Helmstätter (2013): Bekämpfung der Schwarzholzkrankheit durch Rückschnittmaßnahmen - Ergebnisse mehrjähriger Untersuchungen. Deutsches Weinbau-Jahrbuch: 96-104.
  6. Ipach, U. (2011): Schwarzholzkrankeit: Ergebnisse Rückschnittsversuche. Besprechung Landesversuche am 15.03.2011

Literatur

  • Ipach, U. (2006): Die Schwarzholzkrankheit – Eine neue Gefahr für die Reben? Tagungsband 59. Weinbautage 2006 (DLR Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße): 54-56.
  • Ipach, U. (2007): Schwarzholzkrankheit auf dem Vormarsch – Was tun? Tagungsband 60. Weinbautage 2007 (DLR Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße): 48-50.
  • Mohr, H. D. (2012): Farbatlas Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge an der Weinrebe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Eugen Ulmer KG Stuttgart-Hohenheim: 335 Seiten.
  • Karl Bauer, Ferdinand Regner, Barbara Schildberger (2013): Weinbau. 9. Auflage. avBuch im Cadmos Verlag, Wien. ISBN 978-3-7040-2284-4