Blattrollkrankheit

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Blattrollkrankheit: vorzeitige Herbstverfärbung bei Weissburgunder

Die Blattrollkrankheit ist die weltweit am weitesten verbreitete Rebvirose und verursacht in vielen Weinbauländern große wirtschaftliche Schäden. Die verminderte Wüchsigkeit führt zu einer geringeren Nutzungsdauer und Rentabilität kranker Anlagen. Durch die verfrüht einsetzende Herbstfärbung ist die Assimilationsleistung der Reben herabgesetzt, was die Reife verzögern und zu einem geringeren Mostgewicht führen kann. Eine erhöhte Blüteempfindlichkeit verursacht, in Abhängigkeit von Jahr, Sorte und Befallsgrad, mehr oder weniger deutliche Ertragsminderungen. Treten die für Blattrollkrankheit und Reisigkrankheit verantwortlichen Viren zusammen auf, können die Krankheitssymptome wesentlich stärker sein.[1]

Beteiligte Viren

Die Erreger der Blattrollkrankheit werden den Gattungen Closterovirus (griech. Closter = Faden, Spindel) und Ampelovirus (griech. Ampelos = Rebe) zugeordnet. Es sind relativ lange, fadenförmige Viren von etwa 12 nm Durchmesser und 1800 bis 2200 nm Länge. Weltweit wurden mittlerweile neun verschiedene, die Blattrollkrankheit verursachende Viren gefunden. Sie werden als Grapevine leafroll associated virus (GLRaV) bezeichnet und durchnummeriert. Im deutschen Weinbau wurden bis jetzt nur die beiden Arten GLRaV-1 und GLRaV-3 gefunden, wobei GLRaV-1 eindeutig dominiert.

Schadbild

Blattrollkrankheit bei Spätburgunder

Unter unseren Klimabedingungen zeigen sich etwa ab Mitte Juli die auffälligen Krankheitssymptome: Die Blätter rollen sich nach unten ein, gleichzeitig beginnen sich die Blattspreiten vom Rand her gelb (Weißweinsorten) oder dunkelrot (Rotweinsorten) zu verfärben, wobei die Muster unregelmäßig sind. Im Endstadium bleiben nur noch die größeren Adern mit ihren Säumen grün. Die Symptome beginnen an den ältesten Blättern und setzen sich am Trieb allmählich nach oben fort. Sie werden erst zum Herbst hin gut sichtbar. Wuchsschwäche setzt normalerweise erst einige Jahre nach der Infektion ein. Die Gescheine sind verstärkt verrieselungsanfällig. Die Ausprägung der Symptome wird sehr von der Witterung beeinflusst und ist im Allgemeinen in warmen Regionen stärker. In Deutschland zeigen vor allem Spätburgunder, Silvaner, Müller-Thurgau und Portugieser gut erkennbare Symptome. Die Stärke der Symptomausprägung hängt außerdem von der Art des Blattrollvirus ab. Bei GLRaV-1 erscheinen die Symptome etwas früher und sind offensichtlich stärker ausgeprägt als bei GLRaV-3. Während alle Edelreis- und Unterlagsreben infiziert werden können, treten an Unterlagensorten normalerweise keine Krankheitssymptome auf. Eine Ausnahme bildet die Unterlage SO4, die im Herbst, kurz vor dem Laubfall, deutliche Symptome zeigen kann. Latent infizierte Unterlagensorten können sich eventuell schlechter bewurzeln.

Übertragung und Bekämpfung

Blattrollviren sind ebenso wie die Viren der Reisigkrankheit pfropfübertragbar. Eine Übertragung durch Nematoden ist dagegen ausgeschlossen. Als Überträger der Blattrollviren GLRaV-1, -2, -3 und -5 wurden in südlichen Ländern einschließlich Frankreich verschiedene Schmier- und Schildlausarten nachgewiesen. Letztere kommen teilweise auch im deutschen Weinbau vor. Bisher ist man davon ausgegangen, dass diese Art der Übertragung für die deutschen Weinbaugebiete keine Rolle spielt. In jüngster Zeit scheint sich die Blattrollkrankheit jedoch auch bei uns auszudehnen.[2] .

Eine direkte Bekämpfung der Blattrollkrankheit im Bestand ist nicht möglich. Deshalb bleibt nur die indirekte Bekämpfung durch sorgfältige Kontrolle der Vermehrungsbestände und ausschließliche Verwendung gesunden Pflanzgutes. Indirekte Bekämpfung heißt also unter anderem Ausschluss von virusinfiziertem Pflanzmaterial von der Vermehrung. Aus diesem Grund dürfen seit dem 01.04.2002 die Mutterrebenbestände, die der Erzeugung von Basispflanzgut dienen, nur noch aus virusgetestetem Vorstufenpflanzgut erstellt werden. Seit 2006 müssen Vermehrungsbestände in Abhängigkeit von der Pflanzgutkategorie in regelmäßigen Abständen auf die wichtigsten Viren getestet werden (aktuelle Fassung der Rebenpflanzgut-Verordnung § 4 Abs. 3 vom 21.01.86). Speziell in Vermehrungsanlagen sollte besonders auf das Vorkommen von Schildläusen geachtet werden, so dass rechtzeitig Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Im Bedarfsfall setzen Sie sich mit der für Sie zuständigen Beratungsstelle in Verbindung.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ipach, U. (2013): Blattrollkrankheit. Abteilung Phytomedizin (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.
  2. Ipach, U. (2015): Blattrollkrankheit auf dem Vormarsch. Rebschutzbroschüre, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.

Literatur

  • Ipach, U. (2013): Blattrollkrankheit. Abteilung Phytomedizin (Gruppe Weinbau), Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz, Neustadt an der Weinstraße.
  • Mohr, H. D. (2012): Farbatlas Krankheiten, Schädlinge und Nützlinge an der Weinrebe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Eugen Ulmer KG Stuttgart-Hohenheim: 335 Seiten.